Welches sind die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft, auf die angebauten Kulturen sowie auf die Tierhaltung? Und wie soll die Landwirtschaft die Herausforderungen angehen und meistern? Die häufigsten Fragen und Antworten sind hier zusammengestellt.
Landwirtschaftliche Kulturen im Klimawandel
Unter der Annahme von steigendem Trockenheitsrisiko ist die Überlegung, welche Kulturen überhaupt an einem Standort angebaut werden sollten, zentral für die mittel- und längerfristige Anpassung. Trockenheitsverträgliche Kulturen und Sorten werden wichtiger. Zudem hilft Diversifizierung, also mehrere Nutzpflanzenarten anbauen: Wenn die eine Kultur wenig Ertrag liefert, kann eine andere den Ausfall abfedern.
In Gebieten, die von Starkniederschlägen oder extremer Nässe betroffen sein können, sind Nutzpflanzen gefragt, die damit zurechtkommen. Extreme Nässe kann die Erntemöglichkeiten beeinträchtigen und den Einsatz von schweren Maschinen im Feld einschränken (Bondverdichtungsrisiko). Extreme Nässe ist auch aus der Sicht des Pflanzenschutzes ein Thema, denn sie fördert Krankheiten.
Um mit extremer Nässe zurechtzukommen, erforscht Agroscope unter anderem den Nassreisanbau. Dafür geeignete Anbaugebiete sollten gewässernah stehen, denn in trockenen Jahren braucht es eine Bewässerung. In nassen Jahren hingegen kann dank Nassreisanbau der Ertrag der betroffenen Parzellen sichergestellt werden.
Weizen wächst auf allen Kontinenten der Erde, im kalten Norden wie in Finnland oder in der Hitze von Kenia. Dies dank seines Potentials sich zu diversifizieren und an Stress anzupassen, wie die Hitze oder die Krankheiten der jeweiligen Gegenden. Agroscope versucht, auf der Basis von Szenarien zum zukünftigen Klima und den Krankheiten von morgen Sorten zu selektionieren, die daran angepasst sind. Das ist ein langsamer Prozess. Es braucht 10-15 Jahre für eine neue Sorte. Agroscope schöpft die Diversität des Weizens aus, indem sie genetisches Material aus verschiedenen Regionen der Welt für die Selektion einsetzt.
Gemüsekulturen sind im Gegensatz zu Baumkulturen (Forst, Obstbau) Flachwurzler und können daher während Trockenperioden im Sommer nicht auf Wasserreserven in tieferen Bodenschichten zurückgreifen. Sie sind deshalb auf eine kontinuierliche Wasserversorgung angewiesen und müssen bewässert werden. Vorteilhaft ist, wenn im Frühling genügend Regen fällt, die Quellen und Gewässer (inkl. Grundwasser) wieder aufgefüllt sind, so dass genügend Bewässerungswasser für die Sommermonate zur Verfügung steht.
Für eine optimale und ressourcenschonende Bewässerung braucht es Entscheidungshilfen. Die Online-Plattform «Agrometeo» ist so ein System: agrometeo.ch
Einige Entwicklungen im Bereich Smart Farming könnten ebenfalls mithelfen, die Probleme anzugehen: smartfarming.agroscope.ch
Ein konkretes Beispiel dazu ist die Bewässerung bei Apfelbäumen: Apfelbäume bewässern sich selbst
Die «vernetzte Pflanze» als Mittel zum Ressourcenmanagement im Gewächshaus: Elektrophysiologie
Auch im Obstbau gewinnt die Verfügbarkeit von Wasser an Bedeutung. Humusaufbau, wasserspeichernde Zuschlagstoffe wie Pflanzenkohle und Mulchverfahren zur Reduktion von Wasserverlusten können kürzere Trockenperioden überbrücken.
Präventives Wassermanagement im Obstbau
Pflanzen wie die Hirse-Art Sorghum, Kichererbsen, Süsskartoffeln oder sogar Olivenbäume können sich ans wechselhafte Klima in der Schweiz anpassen. Aber die aktuellen Sorten dieser Pflanzen sind mehr an Hitze und Trockenheit angepasst und nicht an den Wechsel von heissen und kalten Perioden. Agroscope züchtet daher neue Sorten, die für die Transition geeignet sind, also solche, die ab und zu kalte Perioden und zugleich auch Hitze ertragen.
Hirse etwa ist gut an warme, trockene Verhältnisse angepasst. Agroscope erforscht seit mehreren Jahren u.a. die Hirse-Art Sorghum: Anbau von Sorghum in der Schweiz – interdisziplinäre Forschung im Jahr der Hirse
Exotische Pflanzen oder Sorten, die Hitze und Trockenheit gut vertragen, sind interessant, aber die Produkte müssen auch gekauft werden. Das Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten an diesen Produkten muss daher erst noch geweckt werden.
Neben der zuvor erwähnten Hirse-Art Sorghum hat Agroscope auch erste Versuche mit Mandelbäumen durchgeführt:
Quinoa und Amaranth sind ebenfalls erforscht worden:
Tierhaltung im Klimawandel
Das Temperaturoptimum ist bei Milchkühen viel niedriger als beim Menschen. Bereits ab 16 Grad können Milchkühe unter Hitzestress leiden. Um das Tierwohl zu gewährleisten und ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten, ist die Tierhaltung anzupassen. Ventilatoren und Sprühanlagen bieten Kühlungsmöglichkeiten in den Ställen und ermöglichen es, den Hitzestress für Kühe zu senken. Auf den Weiden ist das Angebot von Schatten und Wasser zentral. Bei hohen Temperaturen sind die Tiere in kühlere Ställe zurückzubringen. Problematisch kann die Wasserverfügbarkeit auf den Weiden sein. Bereits heute bringen Helikopter Wasser in gewisse Gebiete im Jura und in den Alpen.
Wie reagieren weidende Milchkühe physiologisch auf Hitzestress?
Ausgewählte Kleegrasmischungen liefern auch bei Trockenheit gute Erträge und somit ausreichend Grundfutter für unsere Nutztiere. Agroscope testet laufend Futterpflanzen-Sorten und entwickelt standortangepasste Mischungen für den Schweizer Futterbau.
Futterbau, Grasland, Weidesysteme
Zudem untersucht Agroscope Einsatzmöglichkeiten von trockenheitstoleranteren Kulturen wie Sorghum. Agroscope testet die agronomischen Eigenschaften von Sorghum und die Qualitäten als Futtermittel.
Trockenheitstolerantes Sorghum gegen Futtermangel
An die Trockenheit angepasste Futterbau-Mischungen im Berggebiet
Management von Extremereignissen
Vielerorts stellt sich die Frage der Bewässerungsmöglichkeiten. Bei den Produzentinnen und Produzenten ist dies eher eine Frage der vorhandenen Infrastruktur, der Wasserquellen und der Kosten, denn die Wasserausgaben der Schweizer Betriebe haben sich in den letzten dreissig Jahren erhöht. Aber auch die Kantone sind gefordert, da sie für die Wasserentnahmebewilligungen zuständig sind. Es braucht regionale Planungsinstrumente, um dem Problem der sinkenden Wasserverfügbarkeit zu begegnen.
Steigende Ausgaben für Wassernutzung in der Landwirtschaft - Agrarforschung Schweiz
Für eine optimale und ressourcenschonende Bewässerung braucht es Systeme als Entscheidungshilfe wie etwa die Plattform «Agrometeo» www.agrometeo.ch und Bodenmessnetze zur Überwachung der Bodenfeuchte wie www.bodenmessnetz.ch.
Fernerkundungstechnologien werden eingesetzt, um der Praxis entscheidungsrelevante Informationen bereitzustellen: Ökosystembeobachtung der Agrarlandschaft
Wasserknappheit wird europaweit zu einem Problem für die Landwirtschaft. Gemäss der Karte der Bewässerungsbedürftigkeit im Geokatalog (https://map.geo.admin.ch) sind heute ca. 40% des Ackerlandes bewässerungsbedürftig. Auch regional sind Wasserquellen optimal zu nutzen. Es gibt nämlich nicht überall genügend Wasserquellen. Modellrechnungen zeigen auf, wie sich der Wasserbedarf verschiedener Kulturen im Mittelland mit dem Klimawandel ändern wird. Damit lassen sich Bewässerung und Klimaanpassung der Kulturen vorausschauend planen.
Wie viel mehr Wasser brauchen Schweizer Kulturen in Zukunft? - Agrarforschung Schweiz
Wichtig ist eine ressourcenschonende Wassernutzung. Die digitale Landwirtschaft mit der Überwachung im Feld durch Sensoren liefert Entscheidungshilfen, um die Bewässerung bei Kartoffeln, Obst, Beeren, Reben und im Gemüsebau zu optimieren. Die Tröpfchenbewässerung bei Gemüse und Obst nutzt das Wasser effizienter als die Sprinklerbewässerung. Die Infrastruktur dafür ist aber teurer.
Apfelbäume bewässern sich selbst
Agroscope unterstützt die Produzenten bei der angepassten Bewässerung
Wasser speichern ist eher schwierig und aufwändig. Agroscope untersucht daher auch andere Arbeitsweisen, zum Beispiel agroforstwirtschaftliche Produktionstechniken. Dabei wird die Fähigkeit der Bäume genutzt, das Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche zu bringen. Agroforstsysteme fördern die Bodenfruchtbarkeit und vermindern die Bodenerosion. Ein fruchtbarer Boden hat eine höhere Wasserspeicherfähigkeit und eine bessere Aufnahmemöglichkeit. Zudem leisten Agroforstsysteme durch die Bindung von Kohlendioxid einen Beitrag zum Klimaschutz.
Agroforstwirtschaft als neue Landnutzungsform
Das Potential von Anbausystemen, die Wasser im Boden besser konservieren, ist auszuschöpfen. Fruchtfolgen können optimiert werden. Der Abschnitt «6.5.2 Alternative Wasserressourcen» im Bericht «Klimaresilienter Ackerbau 2035» behandelt weitere Optionen wie Retentionsbecken:
Der Boden ist ein wertvolles Gut, und Schäden der Bodenstruktur sind in den meisten Fällen irreversibel und beeinträchtigen die Bodenfruchtbarkeit. Darum sind Bodenmessnetze zur Überwachung der Bodenfeuchte wichtig.
Speziell für die Ostschweiz: www.bodenfeuchte-ostschweiz.ch
Speziell für die Alpensüdseite: www.oasi.ti.ch/web/dati/suolo.html.
Projekt OPTAIN: Was tun, wenn der Landwirtschaft das Wasser knapp wird?
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Präventives Wassermanagement im Obstbau
Berglandwirtschaft im Klimawandel
Letzte Änderung 30.04.2024