Vor einer Erneuerung von Be- und Entwässerungs-Systemen und Bodenverbesserungs-Massnahmen sollten Alternativen in Betracht gezogen werden. Die Wertschätzung für zeitweise überflutete Böden hat sich markant erhöht, seit in den letzten Jahren die Reisproduktion auf solchen Flächen Fuss gefasst hat. Der Anbau von Reis auf temporär gefluteten Flächen führt zu neuen Feuchtgebieten. Die in solchen Gebieten vorkommenden Tier- und Pflanzenarten sind heute wegen fehlender Lebensräume besonders stark gefährdet. Der Reisanbau fördert einerseits feuchte liebende Arten und bringt andererseits neue, wettbewerbsfähige Schweizer Produkte auf den Markt. Die Nachfrage nach inländischem Reis ist sehr hoch- der Reis in den Hofläden und Onlineverkauf ist meist noch vor dem Sommer ausverkauft.
Nassreis-Pilotfelder in der Schweiz, begleitet von Agroscope
Seit 2017 untersucht Agroscope zusammen mit innovativen Landwirten den Anbau von ökologischem Nassreis nördlich der Alpen. Ökologisch, weil die Hauptziele des Anbaus - neben dem erfolgreichen Anbau - die Förderung von feuchteliebenden Arten (Pflanzen, Insekten, Amphibien und Vögeln) und eine umweltfreundliche Bewirtschaftung (Verzicht auf Pflanzenschutzmittel) sind.
Der Nassreisanbau nahm seither in der Schweiz kontinuierlich zu und erfuhr eine Zunahme an Landwirten, Feldern und Flächen (Tabelle 1).
Seit 2023 kann Nassreis als Biodiversitätsförderfläche deklariert und auf die Biodiversitätsförderflächen im Landwirtschaftsland angerechnet werden. Die Landwirte können somit Zuschüsse und Anerkennung für ihre Pionierarbeit erhalten, und es ist auch ein Erfolg für die Arten, die auf den Reisfeldern gedeihen. Dazu gehören viele häufige Arten wie Wasserfrösche (Pelophylax sp.) und Odonata-Arten (z.B., Sympetrum fonscolombi) sowie gefährdete Arten wie die Sumpf - Heidelibelle (Sympetrum depressiusculum), die Kreuzkröte (Epidelea calamita), der Laubfrosch (Hyla arborea), die Ringelnatter (Natrix natrix), der Kiebitz (Vanellus vanellus) und Watvögel wie Flussuferläufer.
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Paddy-Reis-Fläche (ha) |
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Kanton |
2017 |
2018 |
2019 |
2020 |
2021 |
2022 |
2023 |
2024 |
Grenchener Witi |
SO |
0.3 |
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Schwadernau |
BE |
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0.2 |
0.8 |
0.8 |
1.3 |
1.3 |
1.5 |
1.5 |
Bavois |
VD |
|
|
0.9 |
0.9 |
0.9 |
0 |
0 |
0 |
La Sauge |
FR |
|
|
0.4 |
1.8 |
1.8 |
3 |
6 |
9 |
Witzwil |
BE |
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|
0.5 |
0.4 |
0.4 |
0.4 |
0.4 |
0.4 |
Brugg |
AG |
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|
1.2 |
2.3 |
2.3 |
2.3 |
2.3 |
2 |
Untersiggenthal - West |
AG |
|
|
|
0.7 |
0.7 |
0.7 |
0.7 |
0.7 |
Turgi |
AG |
|
|
|
0.5 |
0.5 |
0.5 |
0.5 |
0.5 |
Würenlingen |
AG |
|
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|
1.2 |
1.2 |
1.2 |
1.2 |
0 |
Vionnaz |
VS |
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|
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1 |
0 |
1 |
1 |
1 |
Detligen |
BE |
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0.8 |
0.8 |
0.8 |
0.8 |
Stetten |
AG |
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|
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|
0.5 |
0.5 |
0.5 |
1.5 |
Mühlau |
AG |
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1 |
1 |
1 |
1 |
Jonen |
AG |
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1 |
1 |
1 |
0 |
Kappelen |
BE |
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2 |
2 |
Gesamtfläche Nassreis pro Jahr |
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0.3 |
0.2 |
3.8 |
9.6 |
12.4 |
13.7 |
18.9 |
20.4 |
Ergebnisse der Agroscope Forschung
Nassreis kann eine finanziell lohnenswerte Kultur in der Schweiz sein. Die Standorte sollten sich im Mittelland auf geringer Höhe befinden, wo die Temperaturen im Sommer ausreichend warm sind, damit der Reis gedeihen kann. Es sollte ausreichend Wasser (ca. 5000 m3) in der Nähe der Felder zur Verfügung stehen, welches mit starken Pumpen und unter regelmässiger Aufsicht genutzt werden darf, damit ein Wasserstand von bis zu 20 cm über die gesamte Saison gehalten werden kann.
Der Nassreisanbau ist eine interessante Kultur für die Umwelt und für umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher, da keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Dementsprechend ist der Absatz in Online und Hofläden erfolgreich und ermöglicht den Landwirtinnen und Landwirten einen zufriedenstellenden Gewinn. Das ist auch ersichtlich daran, dass in den letzten Jahren die Fläche für Nassreisanbau kontinuierlich gestiegen ist.
Auch für den Naturschutz ist der Nassreisanbau positiv, da feuchte Flächen in der sonst trockenen Agrarlandschaft rar sind und damit zusätzlicher Lebensraum zur Verfügung gestellt wird, in dem sich seltene Tierarten wie Amphibien und Libellen erfolgreich entwickeln können. Unsere Untersuchungen an Libellen aus Nassreisfeldern haben gezeigt, dass die Düngung für diese Arten unproblematisch ist und keine Entwicklungsverzögerungen, oder Mortalität verursachen. Diese Besonders der Bruterfolg der Kiebitze in drei Nassreisfeldern ist erfreulich. Die Biodiversitätserhebungen bestätigten die Win-Win-Situation für die Landwirtschaft und die Biodiversität, die durch die Nutzung der feuchten Ackerflächen durch den Reisanbau entsteht.
Der Unkrautdruck ist auf vielen Flächen jedoch gross, mit angepassten Anbaumethoden kann dieser jedoch ohne Herbizide in den Griff bekommen werden. Das Pflanzen von 2-4 Wochen alten Reispflanzen ist besser als das Säen, da sich der Entwicklungsvorsprung am Ende der kurzen Wachstumsperiode als entscheidend herausstellt für einen erfolgreichen Ertrag. Auch die Konkurrenz mit Unkräutern kann damit zugunsten der Reispflanzen verschoben werden. Das regelmässige manuelle Unkrautjäten, vor allem vor der Unkrautblüte, ist unumgänglich und stellt den grössten Kosten- und Zeitfaktor für die Landwirte und Landwirtinnen dar. Um diese Kosten zu reduzieren ist das Wassermanagement wichtig und eine Fruchtfolge bei zu grossem Unkrautdruck in Betracht zu ziehen.
Der Nassreisanbau kann die Treibhausgasemissionen von organischen Böden in Vergleich zu der trockenen Bewirtschaftung dieser Böden stark reduzieren. Dieses wurde in einem Mesokosmosversuch gezeigt und wird im Feld in einem laufenden Projekt geprüft.
Unsere Sortenversuche haben neben der etablierten Risotto-Sorte Loto, eine vielversprechende Sushi-Sorte aufgezeigt, die sich für die kühlen klimatischen Bedingungen in der Schweiz eignet. Die meisten Landwirte in der Schweiz bauen Loto an, aber einige Landwirte nutzen auf ihren Feldern erfolgreich neue Sorten an Sushireis, Nero Reis, Jasmin Reis und schwarzen Reis, welche von den Verbrauchern sehr geschätzt werden. Untersuchungen mit weiteren Sorten aus z.B. Hokkaido, Nordostchina oder Russland könnten ein grösseres Spektrum aufzeigen.
Publikationen
Ökologischer Nassreis-Anbau auf vernässenden Ackerflächen in der Schweiz
(Faktenblatt agridea: Informationen zur Anbautechnik und zur Förderung der Biodiversität auf Nassreisfeldern)
Links
Webseiten zu Landwirtschaftsbetrieben mit Nassreisanbau und Verkauf
Multimedia
Agroscope, 24.01.2025: Erste Erfahrungen der Nassreis-Pioniere
RTS, 8.12.2022: La culture du riz commence à se développer en Suisse romande. C'est une des conséquence du réchauffement climatique
Radio 1, 16.11.2022: Der Reisanbau in der Schweiz fördert seltene Arten
Yvonne Fabian im Interview (MP3, 2 MB, 22.11.2022)Agroscope-Projektleiterin Yvonne Fabian erklärt, weshalb der Reisanbau in der Schweiz heute möglich ist und erst noch die Biodiversität erhöht.
SRF, nano vom 30.09.2021: Nassreis-Anbau: Win-win für Landwirte & Artenschutz
Schweiz aktuell, 23.10.2019: Nassreisanbau im Seeland
ETH Vortrag, Yvonne Fabian: Nassreis-Anbau als Erfolgsgeschichte
Schweiz aktuell, 2.07.2019: Reis aus dem Schweizer Seeland
Partner
- Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL
- IG Nassreis
- Bundesamt für Landwirtschaft BLW
- Bundesamt für Umwelt BAFU
- Kantone Aargau, Bern, Fribourg, Solothurn, Waadt und Wallis
- Landwirtschaftsbetriebe von Leandre Guillod (FR), Stephan Angst (VS), Alain Salzmann (VD), JVA Witzwil (BE), Stephan Gerber (BE), Sandro Märki (AG), Fredy Umbricht(AG), Janis Looser (AG), Michael Rüttimann (AG), Peter & Mathias Suter (AG), Lukas & Natalie Neuhaus (AG), Schwarz AG (AG)
- Vogelwarte Sempach und Wallis
- Koordinationsstelle für Amphibien- & Reptilienschutz in der Schweiz (karch)
- Agridea
- SNF Bridge discovery fund
- Ernst Göhner Stiftung
- Soil Science Unit, Institute of Geography, University of Bern