Entdeckungsreise zur Familie Poncet auf der Alp La Duchatte

Mit sehr viel Liebe zum Detail

Die dritte Reise führt uns nach Les Bioux im Vallée de Joux in die Alpkäserei La Duchatte zur Familie Poncet. Sie zeigen vor, dass es möglich ist auch hervorragende Weichkäse aus Rohmilch herzustellen.

Lebensmittelsicherheit hat oberste Priorität

Lebensmittelsicherheit hat oberste Priorität

Die Herstellung von Weichkäse aus Rohmilch erfordert sehr hohe Anforderungen an die Räumlichkeiten, die Arbeitsweise und die Rohstoffe. Die Familie Poncet hat 1970 die Bewirtschaftung der Alp La Duchatte übernommen, auf die Herstellung von Tommes umgestellt (früher Gruyère d’Alpage) und einen überzeugenden Weg gefunden, um die hohen Anforderungen mit den Möglichkeiten einer Alpkäserei umzusetzen. Sie wurde dabei vom regionalen Berater von Arqha und vom nationalen Berater von Agroscope wissenschaftlich und technisch unterstützt. Auch mit der kantonalen Vollzugsbehörde konnte ein konstruktiver Dialog etabliert werden. Wichtig für den Erfolg ist zudem ein offener Erfahrungsaustausch mit anderen Herstellern von Weichkäse aus Rohmilch.

Das A und O bei der Herstellung von Weichkäse aus Rohmilch ist es den gesamten Herstellungsprozess möglichst gut im Griff zu haben, da Endprodukte-Kontrollen für Klein- und Kleinstbetriebe sehr rasch zu teuer werden. Eine konsequente Erfassung der Herstellungsdaten und der tagtäglichen Beobachtungen sind wichtige Hilfsmittel, um Abweichungen rasch erkennen zu können.

Die ganze Familie Poncet mit dem Vater Guillaume, der Mutter Nathalie, der Tochter Élodie und dem Sohn Damien sowie die polnische Mitarbeiterin Natalia Kinga Walczak sind sich voll bewusst, wie hoch die Anforderungen sind und haben sie spürbar in ihr "Fleisch und Blut" aufgenommen.

Lebensmittelsicherheit beginnt bei den Kühen

Lebensmittelsicherheit beginnt bei den Kühen

Die Familie Poncet schwört auf reinrassige Simmentaler-Kühe. Das sind zwar keine Hochleistungskühe, doch eignen sie sich bestens für die Alpung. Bei der Züchtung wird stets auch grossen Wert auf die Gesundheit, die Robustheit und den Charakter gelegt. Die Simmentaler ist auch eine sogenannte Zweinutzungsrasse, da sie eine gute Fleischqualität aufweist – ein klares Plus bei den heutigen Herausforderungen einer nachhaltigen tierischen Produktion. Die Milch der Simmentaler Kühe zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an Eiweiss und Fett aus und eignet sich bestens für die Käseherstellung.

Guillaume Poncet hat beobachtet, dass die Verkäsbarkeit der Milch von brünftigen Kühen schwieriger sein kann. Er hat sich deshalb entschieden, nur trächtige Kühe auf der Alp La Duchatte zu sömmern. Auch hier zeigt sich das konsequente Bestreben den ganzen Prozess möglichst umfassend im Griff zu haben.

Topmoderner Melkstand

Topmoderner Melkstand

Es überrascht, auf einer Alp einen so modernen Achter-Melkstand vorzufinden. Auffallend ist wie sauber und trocken es überall ist. Die Kühe kommen sehr sauber zum Melken, da es rund um die Alphütte keinen Morast hat. Vor dem Ansetzen der Melkbecher werden die Zitzen mit einem Feuchttuch gereinigt. Auf das Eintauchen der Zitzen in eine Desinfektionslösung wird aber bewusst verzichtet, um die erwünschte Mikroflora nicht zu zerstören. Vorbildlich ist die klare Trennung zwischen dem Melken und dem Verarbeiten. Beim Wechsel vom einen in den anderen Bereich werden Kleider und Schuhe konsequent gewechselt.

Eine fast andächtige Ruhe während der Herstellung

Eine fast andächtige Ruhe während der Herstellung

Normalerweise geht es in einer Käserei ziemlich lärmig zu und her. Nicht so auf der Alp La Duchatte. Es gibt keine einzige Maschine, welche die Ruhe stören könnte. Sogar die Milch läuft vom Melkstand in einer Leitung mit natürlichem Gefälle in die Käserei und wird mit einem ausgeklügelten System so auf die 8 Kessel verteilt, dass eine Durchmischung der verschiedenen Gemelke erfolgt. Vorgängig wurde ein Anteil Abendmilch, welche über Nacht bei 10 °C gelagert wurde, in die Kessel verteilt. Ein wesentlicher Anteil der Abendmilch wird jedoch pasteurisiert und als Vollmilch oder als Joghurt verkauft.

Neben der Stille fällt auch die sehr ruhige, überlegte und konzentrierte Arbeitsweise der ganzen Familie auf.

Handgeschöpft

Handgeschöpft

Um die ganze Herstellung gut im Griff zu haben, wird mit 8 kleinen Kesseln statt mit einer grossen Wanne gearbeitet. Der Ablauf ist bestens eingespielt und es braucht sehr starke Gründe, um etwas daran zu ändern.

Um die Milchsäuregärung zu starten wird frisches Joghurt zugegeben. Eine zusätzliche thermophile Starterkultur sorgt für einen stabilen Säuerungsverlauf.

Die Gallerte wird mit einem abgeflachten Metallstab geschnitten (schmale Kante) und anschliessend leicht umgerührt (breite Kante) (Link zu Video). Ein wichtiges Markenzeichen ist, dass der Käsebruch von Hand in die Abtropfformen geschöpft wird. Wenn die abfliessende Molke klar ist und die Käsekörner rasch zusammenwachsen, ist dies ein starkes Indiz für eine gute Herstellung und eine aktive Milchsäuregärung. Während des Abtropfens werden die Käse zwei Mal gewendet.

Auf der ganzen Alp herrscht eine beeindruckende Ordnung und Sauberkeit. Die Alp ist überaus zweckmässig eingerichtet. Alles hat seinen Platz und wird nach Gebrauch gereinigt weggeräumt. Nichts liegt überflüssig herum. Vor jedem Kontakt mit Lebensmitteln werden die Hände gewaschen und desinfiziert.

Die hohe Kunst des Trockensalzens

Die hohe Kunst des Trockensalzens

Sobald die Milchsäuregärung – gemessen am pH-Wert – ausreichend fortgeschritten ist, werden die Tommes aus den Formen genommen und auf beiden Seiten mit Salz eingerieben. Dies erfordert sehr viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl, damit der erwünschte Salzgehalt erreicht wird. Auch der Zeitpunkt ist sehr entscheidend, da über das Salzen die Milchsäuregärung gestoppt wird und sich eine Rinde bildet, welche den Molkenabfluss vermindert. Ein grosser Vorteil des Trockensalzens ist, dass Fremdinfektionen mit unerwünschten Mikroorganismen über das Salzbad vermieden werden können. 

Am Tag des Besuchs wurden 541 Tommes hergestellt. Am Ende der Alpsaison werden es mehr als 70'000 sein.

Eine Woche im Reifungskeller

Eine Woche im Reifungskeller

Die Tommes werden eine Woche bei ca. 17 °C und bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von mehr als 90 % gereift und dabei regelmässig gewendet, damit sich ein gleichmässiger Schimmelrasen entwickeln kann. Zu Beginn liegen die Käse auf einem Leinentuch, damit sie besser abtrocknen und damit ein Abtropfen von Molke auf die untenliegenden Käse verhindert werden kann. Die Leinentücher werden bei jedem Wenden ausgetauscht und anschliessend gewaschen. Nach einer Woche, hat sich auf den Tommes ein feiner regelmässiger Schimmelrasen entwickelt. Die Käse können nun abgepackt werden und anschliessend im Kühlraum bei 4 °C weiter reifen. Am besten werden Sie innerhalb eines Monats genossen.

Interessanterweise ist für den Schimmelrasen nicht ein Schimmelpilz zuständig, so wie etwa Penicillum camemberti beim Camembert. Bei den Tommes wird für die Schimmelbildung Geotrichum candidum der Milch zugesetzt. Geotrichum candidum ist taxonomisch eine Hefe und baut wie Penicillum die Milchsäure im Käse ab, bildet dabei aber im Vergleich einen deutlich feineren Schimmelrasen.

Ein ausgeklügtes System mit 3 Alpen

Ein ausgeklügtes System mit 3 Alpen

Die fünf Cousins der Familien Poncet, Söhne von vier Brüdern, betreiben gemeinsam eine clevere Betriebsgemeinschaft und bestossen dabei auch drei Alpen. Auf der Alp La Duchatte werden ausschliesslich trächtige Kühe gesömmert. Das Jungvieh geht auf die Alp La Racine und der grösste Bestand ist auf der Alp La Poyette, wo Le Gruyère d’Alpage AOP hergestellt wird. Die Familien Poncet betreiben auch eine Schweinemast, so dass die anfallende Molke direkt auf den beiden Käse-Alpen an Schweine verfüttert werden kann.

Produkte von sehr hoher Qualität und viele treue Stammkunden sind zwei wichtige Pfeiler für die erfolgreiche Vermarktung, zum grössten Teil innerhalb des Kantons Waadt.

Aroma nach frischer Bergmilch

Aroma nach frischer Bergmilch

Die Tomme La Duchatte begeistern mit einer unglaublich schönen, super-cremigen Konsistenz. Die Käse schmelzen wunderbar im Gaumen und lassen dabei viele Werbe-Spots mit französischen Weichkäsen ziemlich alt aussehen.

Beim Aroma ist die frische Bergmilch überraschend präsent. Der Genuss inspiriert wie eine Wanderung über Jurahöhen mit weidenden Kühen. Neben der charakteristischen Champignon-Note blitzen auch Citrus-Aromen auf. Die Joghurt-Kultur sorgt für eine angenehme Frische. Im eher kurzen Nachklang sorgen die milchig-buttrigen Noten für viel Harmonie.

Guillaume Poncet trinkt zu seinen Tommes am liebsten ein Glas Rotwein. Wir haben uns deshalb entschieden, für die Mariages eine Auswahl von neuen und traditionellen Rotweinen aus der Forschung von Agroscope zu testen. Wir konnten die Rotweine in drei Gruppen unterteilen:

  • Es gibt Weine, da gewinnen weder der Käse noch der Wein durch die Mariage. In diese Gruppe gehören alle Weine mit einer lebhaften, markanten Säure.
  • Der zweiten Gruppe wiesen wir alle gerbstoffreichen Weine zu. Hier führen die Mariages mit dem Tomme dazu, dass vor allem die Weine stark gewinnen. Sie werden markant lieblicher und sind wesentlich weniger adstringierend. Die fruchtigen und beerigen Noten kommen so viel besser zur Geltung und der Trinkspass nimmt deutlich zu.
  • Unser Favorit war klar die dritte Gruppe, bei welcher sich die Aromen von Käse und Wein gemeinsam entfalten und sich gegenseitig bereichern. Es wird zum Teil gar schwierig zu unterscheiden, wo die einzelnen Aromen nun herstammen. Insgesamt sind das die besten Voraussetzungen für einen wirklich heissen Flirt und eine langfristige, harmonische Beziehung. In diese dritte Gruppe gehören eher filigrane, facettenreiche Weine, wie der Humagne Rouge und mit kleinen Vorbehalten auch der Merlot oder der Divico.

Letzte Änderung 09.11.2023

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