Aufgrund gesetzlicher Vorschriften darf von den wichtigsten Acker- und Futterpflanzen nur zertifiziertes Saat- und Pflanzgut in Verkehr gebracht werden. Das Bundesamt für Landwirtschaft überträgt den Vollzug (Durchführung) für den Bereich Saatgut an die Anerkennungsstelle der Forschungsanstalt Agroscope. Sie ist verantwortlich für die Zertifizierung von Getreide, Körnerleguminosen, Mais und Futterpflanzen.
Zertifiziertes Saat- und Pflanzgut:
stammt aus einer Vertragsproduktion einer akkreditierten Vermehrungsorganisation mit einem/r zugelassenen Produzenten/In, welche/r über spezialisiertes Fachwissen verfügt
erfüllt die Anforderungen der Verordnung (SR 916.151.1) als Feldbestand und an die Qualität des Erntegutes
schützt den Verkäufer als auch den Käufer
ermöglicht die Rückverfolgbarkeit von der Produktion bis zur Verwendung durch den Käufer (Grundvoraussetzung für Labelauszeichnungen)
Unser Auftrag ist die Überwachung der Saatgutproduktion bis zum Verkauf:
Administration der Saatgutzertifizierung in Zusammenarbeit mit den Vermehrungsorganisationen
Aus- und Weiterbildung von Feldbesichtigungsexperten/Innen und Probenehmer/Innen
Feldbesichtigung von Vorstufen- und Basissaatgut
Beurteilung der Nachkontrollparzellen in Zusammenarbeit mit swissem
Probenahme von Posten, für die ein ISTA- und oder ein OECD-Zertifikat gefordert ist
Angaben zur Saatgutproduktion (Flächen und Verkäufe) für in- und ausländische Organisationen
Die Vermehrungsflächen werden in einer gemeinsamen Datenbank durch die Vermehrungsorganisation erfasst; dies erlaubt das Erstellen der Feldbesichtigungsformulare
Im Auftrag des Dienstes für Saat- und Pflanzgut besichtigen die zugelassenen Feldbesichtigungsexperten/Innen die Vermehrungsflächen der verschiedenen Kulturarten
die ExpertInnen erhalten artspezifische Unterlagen und werden jährlich in Ausbildungskursen in Zusammenarbeit mit swisssem auf ihre Aufgabe vorbereitet
Bei den meisten Kulturen gibt es eine einmalige Feldbesichtigung zum Zeitpunkt der Blüte; die Besichtigung wird beim Produzenten angekündigt und mit diesem gemeinsam durchgeführt
die Mindestanforderungen sind in den Anhängen der Saat- und Pflanzgutverordnung des WBF enthalten
die Vermehrungsorganisation kann für sich strengere Normen anwenden (z.B. Anzahl fremde Getreidearten)
Der Feldbesichtigungsexperte beurteilt folgende Kriterien gemäss den Verordnungsvorgaben
Allgemeine Bestandesentwicklung: der Pflanzenbestand soll einen durchschnittlichen Saatgutertrag erwarten lassen und als Ganzes gepflegt sein; unerwünschte Arten und vom Sortentyp abweichende Pflanzen sind vor der Besichtigung durch den Produzenten zu säubern
Einhalten eines Trennstreifens zu Nachbarbeständen bei selbstbefruchtende Arten oder eines genügenden Isolationsabstandes bei Fremdbefruchtern (z.B. Futterpflanzen)
Überprüfung der Sortenechtheit anhand der morphologischen Merkmale der UPOV-Sortenbeschreibung
Sortenreinheit: Anzahl vom Sortentyp abweichende Pflanzen
Anzahl fremder Kulturpflanzen (z.B. andere Getreidearten)
Anzahl von Unkräutern, deren Samen aus dem Saatgut schwierig herauszureinigen sind
Flughafer (Saatgetreide), Seide und Ampfer (Futterpflanzen)
Befall mit samenbürtigen Krankheiten wie Stink-, Zwerg- und Flugbrand
Die Beurteilung basiert auf dem Durchschnitt von Auszählungen in mehreren Teilflächen
Der Feldbesichtigungsexperte anerkennt den Bestand bei Erfüllung der für die Kategorie geltenden Anforderungen. Falls die Anforderungen einer tieferen Kategorie erfüllt werden, wird der Bestand deklassiert. Wenn dies nicht möglich ist, wird der Bestand zur Verwendung als Saatgut abgewiesen.
Die Vermehrungsorganisation erfasst die Ergebnisse der Feldbesichtigung in der Datenbank
Das Erntegut wird zur Aufbereitung an die Reinigungsstellen geliefert, dort wird bei der Annahme die Postenidentität überprüft und ein Muster für die visuelle Qualitätsbeurteilung gezogen und anschliessend gereinigt und aufbereitet
Jedem Saatgutposten wird eine Identifikationsnummer, die später auf der Sacketikette zu finden ist, zugeteilt
Während des letzten Reinigungsschrittes zieht ein ausgebildeter Probenehmer ein für den Posten repräsentatives Muster für die Saatgutqualitätsuntersuchung; die Reinigungsstelle lagert ein identisches Rückstellmuster für mindestens ein Jahr.
Das Saatgutprüflabor untersucht jährlich 3000 Saatgutproben im Rahmen der Saatgutanerkennung
Das Saatgutmuster muss die Anforderungen der Saat- und Pflanzgutverordnung bezüglich technischer Reinheit, Besatz mit fremden Samen und Keimfähigkeit erfüllen
Muster von biologisch produziertem Getreidesaatgut müssen denselben Kriterien genügen, zusätzlich wird es auf den Befall mit samenbürtigen Krankheiten (Schneeschimmel, Septoria, Stink- und Zwergbrand) in Zusammenarbeit mit der Gruppe Schad- und Nutzorganismen untersucht.
Ein Zertifikat wird für den Saatgutposten, der die Qualitätskriterien erfüllt, mit der Angabe zur Verwendung als Gebrauchs- oder Vermehrungssaatgut ausgestellt
Bei Biosaatgut wird zusätzlich, falls der Befall mit samenbürtigen Pilzen unterhalb der von der Arbeitsgruppe Ackerkulturen der BioSuisse akzeptierten Schadschwellen liegt, eine unbehandelte Aussaat empfohlen
Das Zertifikat erlaubt der Vermehrungsorganisation die Verschliessung und die Etikettierung des Postens sowie das Inverkehrbringen als zertifiziertes Saatgut
Seine Gültigkeit ist auf die folgende Aussaat beschränkt; daher muss die Keimfähigkeit von überlagertem Saatgut in der sog. Nachzertifizierung neu untersucht werden
Für den Saatgutexport in EU-Länder genügen unsere Atteste und Etiketten, allenfalls ist noch ein Pflanzenschutzzeugnis notwendig
Für den Saatgutexport in Länder ausserhalb der EU-Länder ist ein OECD-Zertifikat notwendig.
wird zur Überprüfung der Sortenecht- und -reinheit ausgesät
swisssem beurteilt in Delley die Vermehrungsposten der 1. Generation von Saatgetreide
Agroscope beurteilt die Basisposten beim Saatgetreide, den OECD-Nachkontrollanbau von Futterpflanzen sowie die Inzuchtlinien der Maishybriden sowie die Hybriden selbst
Im Auftrag des Dienstes für Saat- und Pflanzgut werden als Endproduktkontrolle Probenmuster im Samenhandel gezogen, die anschliessend durch die Anerkennungsstelle auf die korrekte Kennzeichnung, Beschriftung sowie im Saatgutprüflabor auf die Qualität geprüft werden
Das Saatgutprüflabor von Agroscope untersucht jährlich mehr als 6000 Saatgutproben von über 200 verschiedenen Pflanzenarten auf ihre Qualität. Diese Untersuchungen tragen wesentlich dazu bei, dass nur qualitativ einwandfreies Saatgut gehandelt und verkauft wird. Die Hälfte der Proben wird im Rahmen der Saatgutanerkennung untersucht. Weiter bieten wir dem in- und ausländischen Saatguthandel an, Saatgutmuster auf ihre Qualität zu prüfen. Von diesen Kunden wird oft eine Untersuchung gemäss VESKOF-Normen gefordert. In der Regel schicken die Kunden Einzelkomponenten zur Prüfung ein. Es werden aber auch Artenmischungen – insbesondere Standardmischungen für den Futterbau – von Agroscope geprüft.
Das Saatgutprüflabor von Agroscope ist bei der Internationalen Vereinigung für Saatgutprüfung (ISTA) akkreditiert. Somit ist Agroscope berechtigt, für Saatgutposten ISTA-Zertifikate auszustellen, die für den internationalen Saatguthandel verlangt werden.
Das Saatgutprüflabor bestimmt den Feuchtigkeitsgehalt einer Saatgutstichprobe anhand von zwei Teilproben mit der Trockenschrankmethode. Die Stichprobenahme, die Art der Schrotung, die Trocknungstemperatur und -dauer erfolgen gemäss den Vorschriften, die von der Internationalen Vereinigung für Saatgutprüfung festgelegt werden.
Die Reinheitsuntersuchung ermittelt in einer Stichprobe von 2500 Samen, die Gewichtsprozente von reinen und fremden Samen sowie von unschädlichen Verunreinigungen. Die verschiedenen Arten der Fremdsamen und der unschädlichen Verunreinigung werden identifiziert und berichtet. Dadurch kann sichergestellt werden, dass das Saatgut entsprechend der erwünschten oder geforderten Anforderungen angebaut und gereinigt wurde.
Anschliessend wird falls der Antragssteller dies wünscht, in der Fraktion der reinen Samen acht mal hundert Samen abgezählt, gewogen und anschliessend die Masse von tausend Samen berechnet.
Der Besatz mit Samen anderer Arten wird zusätzlich in einer Stichprobe von 25'000 Samen anzahlmässig bestimmt. Diese Untersuchung trägt dazu bei, dass keine unerwünschten (z.B. invasiven, giftigen) - Pflanzenarten über das Saatgut unbeabsichtigt ausgebracht werden.
Die Probennahme, die Beurteilung der reinen Samen und die Untersuchungsmethodik erfolgen gemäss den Vorschriften bzw. Kriterien, die von der Internationalen Vereinigung für Saatgutprüfung festgelegt werden.
Mittels der Tetrazoliumuntersuchung kann die Lebensfähigkeit von Saatgut ermittelt werden. Dieser Test wird u.a. herangezogen, wenn bei den Samen der getesteten Pflanzenart Keimruhe vermutet wird. Im Saatgutprüflabor von Agroscope wird diese Methode vor allem bei frisch geernteter Gerste eingesetzt. Hier ist eine rasche Einschätzung der Lebensfähigkeit vor der Reinigungsprozedur wichtig, weil die Zeitspanne bis zur Aussaat sehr kurz ist.
Die Vorbehandlung des Testmaterials, die Färbungsdauer und die Beurteilungskriterien erfolgen gemäss den Vorschriften, die von der Internationalen Vereinigung für Saatgutprüfung festgelegt werden.
Die Keimfähigkeit wird anhand einer Stichprobe von vierhundert reinen Samen unter optimalen, festgelegten Keimbedingungen ermittelt. In regelmässigen Zeitabständen werden die als normal zu beurteilende Keimlinge erfasst. Nach der vorgeschriebenen Prüfdauer werden zusätzlich die anomal entwickelten Keimlinge und die ungekeimten Samen ermittelt. Die Prüfmethoden und die Beurteilung der Keimlinge erfolgen gemäss den Vorschriften bzw Kriterien, die von der Internationalen Vereinigung für Saatgutprüfung festgelegten werden.
Mit dem Kalttest wird bei Mais die Triebkraft unter erschwerten Wachstumsbedingungen ermittelt.
Bei biologisch produziertem Getreidesaatgut wird zusätzlich noch der Befall mit Schneeschimmel (Microdochium nivale) erfasst und berichtet.
Mit folgenden Methoden kann die Art oder Sorte eines Saatgutpostens bestimmt werden:
a) Fluoreszenztest:
Nach Keimung unter bestimmten Bedingungen können nicht unterscheidbare Raigrasarten (insbesondere Englisches und Italienisches Raigras) aufgrund ihres Fluoreszenzverhaltens der Wurzelbahnen der Art zugeordnet werden.
b) Elektrophorese:
Aufgrund der unterschiedlichen Getreidespeicherproteine können Getreidesorten und -arten mit Hilfe der Elektrophorese unterschieden werden. Dazu werden die alkohollöslichen Proteine bei Triticum, Hordeum und die alkohol- oder wasserlöslichen Proteine bei Zea mays aus dem Samen extrahiert und mit Hilfe eines elektrischen Feldes in ein typisches Bandenmuster getrennt. Diese sorten- und artspezifischen Bandenmuster werden mit demjenigen der Referenz verglichen. So kann die Reinheit und Echtheit von Sorten/Arten bei Triticum und Hordeum (A-PAGE) überprüft werden. Die Elektrophorese (IEF) wird in der Hybridsaatgutproduktion von Mais durchgeführt, um zu prüfen, ob die Befruchtung durch den erwünschten Pollenspender erfolgte.