Bodenfruchtbarkeit: lebenswichtig für Landwirtschaft und Gesellschaft

02_Hauptbild Titelstory Carole Parodi_web
Sokrat Sinaj leitet die Forschung zur Düngung von landwirtschaftlichen Kulturen.

Wodurch zeichnet sich ein fruchtbarer Boden aus? Wie lässt sich die Fruchtbarkeit erhalten und erhöhen? Drei Forschungsgruppen von Agroscope nehmen Böden unter die Lupe und entwickeln produktive landwirtschaftliche Methoden, welche die Bodenfruchtbarkeit begünstigen.

Gemüse, Früchte, Getreide, Fleisch, Trinkwasser – 95 % unserer Lebensmittel stammen aus dem Boden. Doch dieser ist nicht nur eine lebenswichtige Ressource für die Landwirtschaft, sondern für unseren ganzen Planeten: Er bietet Pflanzen ein Reservoir von Nährstoffen, gewährt Lebensraum für einen Viertel aller lebenden Arten (Biodiversität), trägt unter anderem mit dem Kohlenstoff-, Stickstoff- und Wasserkreislauf zum Funktionieren von Ökosystemen bei, dient als Filter und Speicher für Wasser und bindet grosse Mengen von Kohlenstoff aus der Atmosphäre (Treibhausgas).

In einem Land wie der Schweiz sind landwirtschaftlich nutzbare Böden eine sehr knappe Ressource.

Deshalb ist es wichtig, dass die Landwirtschaft und die Gesellschaft wissen, wie Böden funktionieren und was ihre Fruchtbarkeit fördert.

Genau dieses Ziel hat Agroscope vor Augen, insbesondere mit Forschungsarbeiten in Form von Langzeitversuchen auf Ackerparzellen an den Standorten Changins und Reckenholz sowie mit innovativen Ansätzen hauptsächlich zum Mikrobiom des Bodens.

Organischer Kohlenstoff – Schlüssel für die Fruchtbarkeit

Eine Überblicksarbeit von 2018 über 50 Jahre dahingehender Agroscope-Forschung hat gezeigt, dass dem Boden durch Hofdünger und Ernterückstände von Ackerkulturen langfristig substanzielle Mengen von organischem Kohlenstoff zugeführt werden können. Dieser Parameter spielt eine Schlüsselrolle für die Bodenfruchtbarkeit und für die Bindung von Kohlendioxid. Nur durch eine konsequente Zufuhr von Mist kann der Gehalt an organischem Bodenkohlenstoff erhalten und damit eine Erhöhung des Ertrags der Kulturen erreicht werden. Der Einfluss der verschiedenen Arten von Bodenbearbeitung – Pflug, reduzierte Bodenbearbeitung, Direktsaat – auf die Bodenfruchtbarkeit zeigt, dass alle Verfahren einen Rückgang des Gehalts an organischem Kohlenstoff zur Folge haben. Durch eine reduzierte Bodenbearbeitung können diese Verluste allerdings gebremst werden. Alle drei Arten der Bodenbearbeitung führen langfristig zu ähnlichen Erträgen. Die Fruchtfolge hat bezüglich des Bodengehalts an organischem Kohlenstoff keine Vorteile, es lassen sich aber kurz- und langfristig höhere Erträge erzielen. Zusammengefasst können mit einer Kombination aus regelmässiger Zufuhr von organischem Dünger, einer reduzierten Bodenbearbeitung und einer vielfältigen Kulturfolge die Bodenfruchtbarkeit und die Erträge von Ackerkulturen langfristig erhalten werden.

Wie regenerieren sich verdichtete Böden?

Etwa ein Drittel aller Schweizer Böden ist von Verdichtung betroffen. Wenn immer schwerere Maschinen auf Böden fahren, kommt es zu einer Verdichtung des Bodens und damit zu einer Schädigung der Bodenstruktur. Dadurch wird die Luft- und Wasserdurchlässigkeit und damit die Entwicklung von Wurzeln und Bodenorganismen beeinträchtigt. Mit einer Einschätzung des Verdichtungsrisikos vor dem Befahren mit schweren landwirtschaftlichen Maschinen können Bodenschäden vermieden werden. Aber was tun, wenn ein Boden bereits verdichtet ist? Hier wird mit Forschungsarbeiten geprüft, welche Faktoren und Mechanismen die Regeneration steuern und allenfalls beschleunigen können. Durch die Bodenbearbeitung allein lässt sich die geschädigte Bodenstruktur nicht wiederherstellen. Sinnvoll sind Fruchtfolgen mit Pflanzen unterschiedlicher Wurzelarchitektur inkl. tiefwurzelnder Kulturen und eine organische Düngung, welche die Bodenorganismen ernährt und die natürlichen Bodenprozesse fördert. Diese Massnahmen sind auch wichtig für einen optimalen Humusgehalt, der für die Bodenfruchtbarkeit von grosser Bedeutung ist. Zu diesem Zweck hat Agroscope eine Software für Landwirtschaftsbetriebe (Humusbilanz-Rechner) entwickelt. Damit lässt sich der Verlust organischer Bodensubstanz abschätzen und prüfen, ob dieser Verlust durch Praktiken wie eine geeignete Fruchtfolge, organische Düngung oder Zwischenkulturen wieder kompensiert werden kann.

Fruchtbarkeit und Anbausysteme

In einer internationalen, zehnjährigen Forschungsarbeit wurden verschiedene Ackerbausysteme – konventioneller Anbau mit und ohne Pflügen, biologischer Anbau mit Pflügen oder Direktsaat – bezüglich Ertrag und ökologischen Auswirkungen verglichen. Es wurden bereits zahlreiche Parameter untersucht wie die Produktivität, die Nährstoffbilanz, die mikrobielle Diversität, die Anfälligkeit gegenüber Erosion und die Speicherung von Kohlenstoff.

Erste Ergebnisse nach 4 Jahren zeigen, dass die Verfahren ohne Pflügen und der biologische Anbau die Bodenfunktionen und die Energiebilanz positiv beeinflussen.

Trotz dieser bedeutenden ökologischen Vorteile fallen die Erträge allerdings immer noch tiefer aus. Aus diesem Grund untersuchen die Forschenden von Agroscope gegenwärtig, welche landwirtschaftlichen Praktiken sowohl hohe Erträge als auch ökologische Vorteile vereinen. Geprüft wird auch das Potenzial von Boden-Mikroorganismen zur Reduktion des Düngereinsatzes.

Das Potenzial des Boden-Mikrobioms

Die Mikroorganismen im Bodens spielen für die Bodenfruchtbarkeit und das Pflanzenwachstum eine Schlüsselrolle. Zum Beispiel werden durch Bakterien, die in Symbiose mit Klee leben, bedeutende Stickstoff-Mengen aufgenommen, und Mykorrhiza-Pilze (die symbiotische Beziehungen mit Wurzeln bilden) erschliessen den Pflanzen beträchtliche Mengen an Phosphor und Spurenelementen.

Ziel der Forschungsarbeiten von Agroscope ist es, diese biologischen Bodenprozesse besser zu verstehen und nützliche Bakterien und Pilze des Mikrobioms in der Rhizosphäre zu identifizieren. Laborexperimente mit Modellsystemen zeigen, dass eine Erhöhung der mikrobiellen Diversität und der Zahl der Bodenorganismen die Nährstoffaufnahme durch die Pflanzen begünstigt und die Auswaschungsverluste reduziert. Mit dem Ziel, die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen, laufen gegenwärtig auf mehreren Maisparzellen Versuche mit Mykorrhiza-Pilzen. Auf einigen Feldern wurde nach einer Animpfung mit dem Pilz um 30 % höhere Erträge beobachtet, bei anderen Feldern wurde keine Wirkung festgestellt. Im Rahmen eines anderen Projekts wurden auf dem Markt angebotene Produkte getestet, die für den Boden nützliche Mikroorganismen enthalten sollen. Es zeigte sich, dass die Qualität dieser kommerziellen Produkte sehr unterschiedlich ist und dass diese bis zu 50 % nicht überlebensfähige Mikroorganismen aufwiesen.

Diese Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass die Qualität der Produkte unzureichend ist und ein Qualitätssicherungssystem eingeführt werden müsste.

Diese Beispiele zur aktuellen Forschung über den Boden illustrieren, wie Agroscope daran arbeitet, Antworten auf konkrete Probleme bezüglich Fruchtbarkeit, Ressourceneinsatz, Verdichtung sowie Verbesserung des Bodens in seiner Funktion als Lebensgrundlage zu finden. Langzeitversuche sind ein besonders wertvolles Instrument, um die Auswirkungen verschiedener landwirtschaftlicher Methoden besser zu verstehen, zu modellieren und zu prüfen. Die Forschungsarbeiten werden auch künftig darauf abzielen, praktische Lösungen bereitzustellen, welche die Fruchtbarkeit landwirtschaftlicher Böden nachhaltig sicherstellen.

 

Forschung im Bereich Boden

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Boden, Gewässer, Nährstoffe

Forschungsprojekte zu verschiedenen Themen:
Verbesserung der Nährstoffeffizienz, Landwirtschaftlichen Gewässerschutz, Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz, Bodenökologie, Ökologie der Rhizosphäre, Schweizerische Sammlung für Arbuskuläre Mykorrhizapilze, Nationale Bodenbeobachtung (NABO).

Verdichtungsschaeden

Einfluss von landwirtschaftlicher Bewirtschaftung auf die Bodenstruktur und Bodenfunktionen

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