Modellsysteme sind Entscheidungshilfen: Nicht mehr und nicht weniger

Studie-Trinkwasserinitiative

Modellsysteme sind Entscheidungshilfen: Nicht mehr und nicht weniger

Nadja El Benni

Nadja El Benni -  Leiterin Strategischer Forschungsbereich Wettbewerbsfähigkeit und Systembewertung

Das zur Verfügung stellen von wissenschaftlich basierten Entscheidungshilfen ist Teil der Agrarforschung von Agroscope: Dazu gehören beispielsweise Prognosesysteme, welche aufgrund von Wetterdaten das Auftreten von gewissen Krankheiten oder Schädlingen vorhersagen. Auch die Agrarökonomie setzt verschiedene Modellsysteme für ihre Berechnungen ein, die als Entscheidungshilfen für landwirtschaftliche Betriebe wie auch für Verwaltung und Politik und Bevölkerung dienen. 

Aktuelles Beispiel dafür ist die Studie «Folgenabschätzung Trinkwasserinitiative: ökonomische und agrarstrukturelle Wirkungen» Die Trinkwasserinitiative will unter anderem den Einsatz von Pestiziden einschränken. Betriebe, welche Pestizide oder Antibiotika zur Prophylaxe einsetzen, sollen keine Direktzahlungen mehr erhalten. Damit verbunden wären Veränderungen im gesamten Agrarsektor. Die Komplexität des Systems und die zahlreichen Einflussfaktoren verunmöglichen eine einfache Prognose zu den Folgen. Mithilfe wissenschaftlich fundierter Modellsysteme ist eine Analyse der komplexen Auswirkungen für verschiedene Politikszenarien aber möglich. Die Modellergebnisse liefern Erkenntnisse zu einem Spektrum der allfälligen Folgen.

Die Aussagekraft und Qualität solcher Modellberechnungen basieren auf verschiedenen Elementen: Einem wissenschaftlich theoretisch und empirisch fundierten Modellsystem, einer qualitativ hochwertigen Datenbasis sowie plausiblen Annahmen. Für einen grösstmöglichen Nutzen in der Entscheidungsunterstützung ist ausserdem die Transparenz und Einbindung von Stakeholdern sehr wichtig. Diesen Ansprüchen wird die Forschungsarbeit zu den Folgeabschätzungen der Trinkwasserstudie vollumfänglich gerecht. Gleichzeitig braucht es das Bewusstsein, dass Modelle eine Vereinfachung der Realität sind, immer nur mögliche zukünftige Folgen und zudem nur gewisse Teilaspekte abbilden können. Der Fokus der veröffentlichten Studie richtet sich auf die ökonomischen und agrarstrukturellen Auswirkungen, die Abschätzung der Umweltwirkungen, welche zu einer umfassenden Güterabwägung gehören, erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.

Die Erkenntnisse der Studie sind wichtig und wertvoll: Sie sind jedoch modellgestützte Entscheidungshilfen, nicht mehr und nicht weniger. Die Landwirtin, der Landwirt muss schlussendlich entscheiden, welche Pflanzenschutzmassnahmen er auf seinem Betrieb durchführt. Das Prognosesystem kann ihn dabei unterstützen. Analog dazu ist es Aufgabe der Verwaltung, Politik und Bevölkerung politische Entscheide zur Gestaltung des Agrarsektors zu fällen. Modellberechnungen der Forschung wie solche zur Folgeabschätzung der Trinkwasserinitiative dienen der Güterabwägung, aber können keine Entscheide abnehmen.

 

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