Wenn junge Schweine aus verschiedenen Zuchtbetrieben auf einem Mastbetrieb zusammengeführt werden, müssen sie oft wegen Infektionskrankheiten behandelt werden. Verabreicht man Antibiotika über das Rohrleitungssystem von Flüssigfütterungsanlagen, können die Bakterien in den Leitungen resistent werden und über das Futter in die Schweinemägen gelangen. Doch wie ernst ist die Lage?
Um chronische Krankheiten und Todesfälle zu vermeiden, werden in Mastbetrieben oft ganze Gruppen von Schweinen behandelt. In Betrieben, wo das Futter flüssig als «Futtersuppe» über ein Rohrleitungssystem in die Futtertröge befördert wird, werden Antibiotika oft bereits im Futtermischbehälter in die Suppe eingemischt. Über die Rohrleitungen werden sie dann zu den Tieren befördert. An den Wänden dieser Rohre haftet ein sehr stabiler Biofilm, der aus Bakterien besteht. Kommen diese Bakterien mit den Antibiotika der Futtersuppe in Kontakt, besteht das Risiko, dass sie gegen Antibiotika resistent werden. Über abgeschilferte Partikel gelangen diese resistenten Bakterien ins Futter und mit dem Futter in den Schweinedarm, wo sie ihre Resistenzgene auf Darmbakterien übertragen können.
Enterobakterien-Testung auf 27 Betrieben
Um dieses Risiko zu quantifizieren, wurde im Rahmen des Agroscope-Projektes REDYMO (Reduktion und Dynamik antibiotikaresistenter und persistenter Mikroorganismen) untersucht, wie es bezüglich Antibiotikaresistenz von Bakterien in Flüssigfütterungsanlagen steht. In Zusammenarbeit mit der Abteilung für Schweinemedizin und dem Institut für Lebensmittelsicherheit und –hygiene der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich, wurden 13 Schweinemastbetriebe untersucht, in denen regelmässig Antibiotika über die Rohrleitungen verabreicht werden. Sie wurden mit 14 Betrieben verglichen, die seit mindestens zwei Jahren keine Antibiotika auf diese Weise verabreicht hatten. Ein Doktorand entnahm in allen Betrieben im Verlaufe eines Mastdurchgangs mehrere Flüssigfutterproben. Im Labor wurde deren Gehalt an Enterobakterien bestimmt. Dies geschah durch Kultivierung auf einem Nährmedium ohne Antibiotikazusatz. Darüber hinaus bestimmte man für jede Probe die Zahl der Enterobakterien, die gegen das Antibiotikum Tetrazyklin und die Antibiotikumkombination Sulfonamid+Trimethoprim resistent waren. Dies geschah durch Kultivierung auf Nährmedien, die jene Antibiotika enthielten.
Antibiotikaresistenzen in über 80 % der Proben
Über 80 % der Flüssigfutterproben aus den Betrieben, welche Antibiotika über das Rohrleitungssystem der Flüssigfütterungsanlage verabreichten, enthielten gegenüber Tetrazyklin resistente Enterobakterien. Drei Viertel der Proben enthielten zudem Enterobakterien, die gegenüber der Kombination Sulfonamid+Trimethoprim resistent sind (siehe Graphik). In den Betrieben, welche keine Antibiotika verabreichten, betrug der Anteil Proben mit resistenten Enterobakterien weniger als 15 %.
Antibiotika anders verabreichen
Der Anteil an resistenten Bakterien im Biofilm in den Rohren einer Flüssigfütterungsanlage steigt bei Kontakt mit Antibiotika massiv an. Die Elimination bestehender Biofilme in den Rohrleitungen ist kaum möglich. Resistente Bakterien in Rohrleitungen können deshalb wahrscheinlich längere Zeit überleben, das Futter kontaminieren und die Tiere besiedeln – selbst wenn zwischenzeitlich auf die Antibiotikaverabreichung über die Flüssigfütterungsanlage verzichtet wird. Um die Antibiotikaresistenzsituation der tierischen Bakterien und indirekt auch der auf dem Menschen lebenden Bakterien nicht ansteigen zu lassen, muss dringend davon abgeraten werden, Antibiotika via Flüssigfütterungsanlagen zu verabreichen. Wenn eine Gruppen-Behandlung nötig ist, soll das Antibiotikum direkt in den Futtertrögen in das Futter eingemischt werden.