Dank Esparsette weniger Dünger, bessere Milch und besseres Fleisch

Richard Bapst verfüttert Esparsetten-Pellets an eine Milchkuh. Die tanninhaltige Pflanze erhöht den Anteil an gesunden ungesättigten Fettsäuren in Milch und Käse.

Mittels Knöllchenbakterien an den Wurzeln können Leguminosen Stickstoff direkt aus der Luft binden. So lässt sich der Ertrag im Futterbau erhöhen und Mineraldünger einsparen. Esparsette und Hornklee beispielsweise enthalten darüber hinaus Tannine, die bei Wiederkäuern die Qualität von Milch und Fleisch verbessern.

Rot- und Weissklee, Esparsette und Hornklee oder Luzerne – die Schweiz kennt zahlreiche Futterleguminosen. Und darunter finden sich Arten, die neben ihren positiven Eigenschaften für die Land- und Ernährungswirtschaft auch noch Tannine aufweisen. Diese bioaktiven Inhaltsstoffe der Leguminosen stehen im Fokus der Agroscope-Fachleute.

Dank Tanninen mehr ungesättigte Fettsäuren

Futterfette werden im Pansen der Wiederkäuer gespalten. Die Pansenmikroben verändern sie von ungesättigten zu gesättigten Fettsäuren. Das hat zur Folge, dass im Milchfett und im Fleisch vergleichsweise hohe Anteile gesättigter Fettsäuren vorkommen. Das ist unerwünscht und soll sich ändern. Erwünscht sind nämlich mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Sie zählen einerseits zu den essentiellen Nährstoffen, das heisst, sie sind lebensnotwendig und können vom menschlichen Körper nicht selbst hergestellt werden. Andererseits werden ihnen eine ganze Reihe von gesundheitsfördernden Eigenschaften zugeschrieben. Speziell Omega-3-Fettsäuren sollen als besonders gesund gelten.

Seit Jahren werden daher Anstrengungen unternommen, über die Fütterung den Gehalt der ungesättigten Fettsäuren im Milchfett und im Fleisch von Wiederkäuern zu erhöhen. Eine Möglichkeit besteht darin, die Aufnahme von ungesättigten Fettsäuren über das Futter zu steigern. Der Gehalt an Linolensäure, eine Omega-3-Fettsäure, kann beispielsweise durch die Verfütterung von Leinsamen in Fleisch und Milch erhöht werden. Auch ist eine Fütterung, die auf Gras setzt, in dieser Hinsicht vorteilhafter als Mischrationen auf der Basis von Maissilage.

Eine andere Möglichkeit könnte die Verfütterung von tanninhaltigen Leguminosen sein. Tannine können im Pansen von Wiederkäuern mit Nährstoffen Bindungen eingehen und diese vor dem Abbau schützen. Ferner gibt es Hinweise darauf, dass Tannine die Aktivität der Pansenmikroben beeinflussen.

Tannine beeinflussen die Verdauung

In der Schweiz kommen Tannine in Futterleguminosen wie Esparsette und Hornklee vor. In einem Versuch verfütterten Agroscope-Fachleute unter anderem Luzerne-, Esparsetten- oder Hornkleepellets an Milchkühe. Da die Esparsette einen höheren Tanningehalt hat als Hornklee, nahmen die Kühe in dieser Gruppe mehr Tannine auf. Das Resultat: Der Gehalt an Linolensäure in der Milch von Kühen, die Esparsettenpellets bekommen hatten, war um 16 % höher als bei Kühen mit Luzerne- oder Hornkleepellets.

In einem weiteren Versuch wurde die Milch von Kühen, die Esparsettenpellets bekommen hatten, zu Käse verarbeitet. Agroscope-Fachleute beobachteten einen Anstieg im Gehalt an Linolensäure im Fettsäuremuster des Käses.

Für einen anderen Versuch bauten Agroscope-Fachleute Esparsette und Hornklee sowie Luzerne und Rotklee an und machten aus dem ersten Schnitt anfangs Juli Silage. Die Forschenden verfütterten daraufhin Esparsetten-, Hornklee-, Rotklee- oder Luzernesilage während vier bis fünf Monaten an vier Lämmer-Gruppen bestehend aus je zwölf Tieren. Nach der Schlachtung zeigte sich, dass im Fleisch der Lämmer, die Esparsettensilage erhalten hatten, die Menge an Linolensäure sowie die Summe aller Omega-3-Fettsäuren deutlich höher waren als bei den Lämmern, die andere Silagen gefressen hatten.

Ertrag und Tanningehalt von Esparsette verbessern

Leider ist die Esparsette im Vergleich zu anderen Futterpflanzenarten für sich allein ertrags- und konkurrenzschwach, sie braucht die richtigen Partner-Pflanzen. Zudem wäre es wünschenswert, den Gehalt und die Zusammensetzung der Tannine in der Pflanze zu optimieren, um eine bessere Wirkung zu erzielen.

Forschende von Agroscope untersuchten die Leistungen in Ertrag, Tanningehalt und -zusammensetzung von dreissig Esparsette-Herkünften aus der ganzen Welt. Dabei zeigte sich, dass es sehr grosse Unterschiede in all diesen Merkmalen gibt, die für die züchterische Verbesserung der Esparsette gezielt genutzt werden können. Die Zuchtsorten, die heute auf dem Markt sind, ergeben höhere Erträge, während sich gewisse Wildtypen durch speziell hohe Tanningehalte oder eine besonders bioaktive Zusammensetzung der Tannine auszeichnen.

Für den Anbau von Esparsette in Mischungen haben sich in einem dreijährigen Feldversuch insbesondere Englisches Raigras, Wiesenschwingel und Timothe als vielversprechende Partner herausgestellt. Sie unterdrücken Unkräuter effizient, lassen aber trotzdem einen bedeutenden Anteil an Esparsette in der Mischung zu. Detailmessungen haben weiter gezeigt, dass sich die Esparsette durch eine hohe Leistung bezüglich der symbiotischen Stickstoff-Fixierung auszeichnet. Dies ist nicht selbstverständlich, weil bei uns in den letzten Jahrzehnten nur wenig Esparsette angebaut wurde. Deswegen hat man befürchtet, dass die symbiotischen Bakterien im Boden fehlen könnten.

Esparsette hilft mit, Düngemittel einzusparen

Bisher wurden in der Schweiz aber auch weltweit erst wenige Untersuchungen zur Wirkung von tanninhaltigen Leguminosen in der Milchviehfütterung durchgeführt. Bei Agroscope sind weitere Studien geplant, um zu erforschen, wie man diese vielversprechenden Leguminosen optimal in der Fütterung einsetzen kann. Denn nicht nur die positiven Effekte auf das Fettsäuremuster in Milch und Fleisch machen diese Pflanzen interessant – die Tannine binden auch Proteine im Pansen, wodurch Wiederkäuer die Proteine aus dem Gras besser verwerten können. Erwünscht ist natürlich ebenfalls der Effekt, dass dank Stickstoffbindung über die Wurzeln Düngemittel eingespart werden können.

Weitere Informationen

Esparsetten-Pellets
Esparsette in voller Blüte
Ernte bei der Esparsette zur Bestimmung des Tannin-Gehalts
Ernte für die Herstellung der Pellets
Milchproben zur Bestimmung des Gehalts an ungesättigten Fettsäuren