Informationen vom November 2020

Fachstelle-IDF-Codex

Im Internationalen Milchwirtschaftsverband (International Dairy Federation IDF) sind über 50 Experten aus der Schweiz vertreten. Agroscope leitet im Auftrag der Branche die «Fachstelle IDF / Codex». Zusammen mit der Schweizerischen Milchkommission SMK sichert diese sowohl Interessensvertretung als auch Informationsfluss zwischen IDF, Experten und Schweizer Milch- und Käsebranche. Hier weist sie auf aktuelle Themen hin.

Neuigkeiten im Herbst 2020

Wie bereits im Mai 2020 beschrieben ist die Nährwertdeklarationen auf der Verpackungs-Vorderseite (Front-of-Pack-Nutrition-Labeling; FOPNL) ein brennendes Thema. Wir berichten über die IDF Webinare über FOPNL-Systeme von Kanada über Europa bis Neuseeland. Listeriose-Ausbrüche wegen Käsekonsum oder nachgewiesene Salmonellen in französischer Kleinkindernahrung im Jahr 2017 zeigen, wie wichtig es ist, pathogene Keime bei der Milchprodukteherstellung zu bekämpfen. IDF hat dazu ein Informationsblatt erstellt. Im dritten Nachhaltigkeitsbericht des IDF zeigen Autoren aus Irland, den Niederlanden, Neuseeland, Südafrika und den USA ihre Massnahmen in Bezug auf den Klimawandel, die Biodiversität und der Verbesserung der Wasserqualität in ihren Milchproduktions-Ökosystemen. Zusätzlich zu den aufgeführten Arbeiten wurden weitere Informationen veröffentlicht.

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Neues zu Front-of-Pack-Nutrition-Labeling

Front of Pack Nutrition Labeling

Kanada überarbeitet seine Ernährungsempfehlungen. Auf den Produkten sind Warnsymbole vorgesehen, wenn z.B. eine Lebensmittelportion mehr als 15% des empfohlenen täglichen Salzbedarfs überschreitet. Würde das unverändert eingeführt, dann wären 50% der Produkte mit Warnsymbol Milchprodukte. Die Milchbranche konnte aufzeigen, dass Milchfett keine negativen, sondern teilweise positive Effekte auf die Gesundheit hat. Sie ist optimistisch, dass das System entsprechend angepasst wird. Im französischen Nutri-Score (A bis E) erhalten 85% der Käse in Frankreich die schlechte Bewertung D. Der Viertelfett-Halbhartkäse Formagella ticinese erhält ein C, Emmentaler mild mit nur 0.5% Salz ein D. Beides widerspricht den Ernährungsempfehlungen und dem Ziel, dass innerhalb einer Produktegruppe Nutri-Score eine klare Differenzierung erlauben muss. Die französische Branche setzt sich dafür ein, dass Protein stärker bewertet und ein tieferer Salzgehalt in der Bewertung belohnt wird. Die EDA (European Dairy Association) will, dass entgegen der Absicht der EU-Kommission, FOPNL-System freiwillig ist. Aktuell erfüllt kein in Europa angewandtes System die EDA-Anforderungen: Kongruenz mit den nationalen Ernährungsempfehlungen, auf wissenschaftlichen Grundlagen aufgebaut, harmonisiert über die ganze EU. Im «Health-Star Rating» (HSR)-System in Australien und Neuseeland konnte die Branche auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen Verbesserungen für Käse erreichen. Ein Lebensmittel ist mehr als die Summe von Nährstoffen (Matrix-Effekt). Für eine wissenschaftlich aktuelle Bewertung von Milchfett setzt sich die Branche weiterhin ein. Ein ausführlicherer Bericht über die Webinare in Englisch steht zur Verfügung.

IDF hat auch ein Positionspapier über FOPNL-Systeme verfasst, ebenso ein solches über Nährwert-Profiling als Basis für FOPNL-Systeme und Werbeeinschränkungen.


Mikrobiologisches Monitoring der Herstellungsumgebung

Non Food Contact
Four-level compartmentation approach: one for food contact surfaces and three for non-food contact surfaces

Das Auftreten von Listeriose-Ausbrüchen aufgrund von Käsekonsum oder nachgewiesene Salmonellen in französischer Kleinkindernahrung im Jahr 2017 zeigen, dass sich das Prinzip der Überwachung der Herstellungsumgebung auf pathogene Keime bis heute noch nicht in allen Betrieben und nicht für alle Risiken durchgesetzt hat. Eigentlich ist das risikobasierte Monitoring der mikrobiellen Belastung in der Herstellungsumgebung Teil der guten Herstellungspraxis. Damit können pathogene Mikroorganismen, welche bei der Analyse der Fertigprodukte wegen tiefer Kontamination nicht oder noch nicht entdeckt werden, frühzeitig erfasst werden, um Gegenmassahmen zu verstärken. Verschiedene Behörden in Kanada, der EU, Neuseeland und den USA haben zwischen 2004 und 2020 das risikobasierte Monitoring der Herstellungsumgebung auf mikrobielle Belastung durch pathogene Keime in ihre Gesetzgebung aufgenommen. Codex Alimentarius empfiehlt die Unterscheidung zwischen Oberflächen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen und anderen Umgebungsorten. ISO hat 2018 auch einen Standard für die Umgebungsprobenahme veröffentlicht. Wichtig ist, dass Proben nicht nur nach der Reinigung und Desinfektion genommen werden, sondern auch während der Produktion. Die Überwachung der Herstellungsumgebung hilft, Massnahmen zur Beherrschung der mikrobiellen Belastung durch pathogene Keime zu definieren: Zoneneinteilung anpassen, Personalschulung, Anpassung Reinigung und Desinfektion, Beseitigung von infizierten Nischen.

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Weitere Informationen


Umwelt-Nachhaltigkeit der Milchbranche: Dritter IDF Bericht

Nachhaltigkeit Milchbranche
Agricultural GHG emission projectoins under the six scenarios - exludes mitigation actions (Source: FAPRI-Ireland Model)

IDF und ihre Mitgliederländer haben als oberstes Ziel die Erreichung der strategischen Entwicklungsziele (SDGs) der UNO. Genügende und gesunde Ernährung, sauberes Wasser, nachhaltige ländliche und städtische Entwicklung, verantwortungsvolles Produzieren und Konsumieren oder Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels sind einige davon.

Die irische Milchbranche muss beispielsweise CO2-Äquivalente (CO2eq.) und Ammoniak-Emissionen reduzieren, CO2-Senken erhöhen, die Wasserqualität verbessern und die Biodiversität erhalten bis steigern, bei gleichzeitig stark steigender Milchproduktion. Der Ersatz von Mineraldünger durch Klee, die Verlängerung der Weidesaison, konsequente Kuh-Züchtung nach einem verbesserten ökonomischen Züchtungsindex und eine Nachhaltigkeitsberatung sind einige der Massnahmen des nationalen Programms zur kostenoptimierten Emissionssenkung. Alle Höfe wurden einheitlich auf ihre CO2eq. Emissionen geprüft, was durch die Sensibilisierung zur Reduktion der CO2eq. beitrug. Das einheitliche Programm wird international über irische Milchprodukte und Rindfleisch vermarktet.

In den Niederlanden hat die Milchbranche bei der Regierung einen konkreten nationalen Klima-Aktionsplan eingereicht. Dieser soll als Bedingung für jeden Wirtschaftssektor gelten, um weiter tätig sein zu dürfen. Die Sensibilisierung und langfristige Verantwortung und Verpflichtung der landwirtschaftlichen Betriebsleiter wird als Haupterfolgsfaktor erachtet. Zusätzlich zu den Betriebsleitern werden andere Bereiche der Branche wie Futtermittelindustrien oder Züchtungsorganisationen mit Beratung und Werkzeugen unterstützt. Ziel ist ein energieneutraler Landwirtschaftssektor bis 2030 dank Energiesparen und der Produktion erneuerbarer Energie. Massnahmen in weiteren Bereichen wie Tiere und Futter, Hofdüngerlagerung und -ausbringung, Boden und Feldfrüchte sind definiert. Der Aktionsplan wird von der gesamten Milchbranche vom Futter, über die Höfe bis zum fertigen Produkt sowie von der Regierung und von NGOs getragen. Die nötigen politischen Rahmenbedingungen zur Zielerreichung sind im Plan enthalten. Er inspiriert bereits zu Innovationen. Der Aktionsplan erlaubt eine starke Kommunikation gegenüber der Gesellschaft, Kunden und anderen Stakeholdern.

In Neuseeland machen die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft 49% des Totals aus, rund die Hälfte davon stammen aus der Milchbranche. Im Oktober 2019 hat die Regierung einen Aktionsplan zur Reduktion der Emissionen des primären Sektors verabschiedet, welcher von der ganzen Branche vorgeschlagen wurde. Er rüstet Landwirte und Pflanzer mit Wissen, Werkzeugen und der Unterstützung aus, welche sie für die Beherrschung und die Reduktion der Emissionen und für die Anpassung an den Klimawandel spezifisch pro Hof benötigen. Werkzeuge sind z.B. ein Preis für Treibhausgasemissionen pro Hof, Reporting der Emissionen, ein Aktionsplan pro Hof, Beratung, ein Baumpflanz-Programm, Messung der CO2-Senke pro Hof und Anerkennung von traditionellen Maori-Praktiken wie der Obhut für die Natur. Bis 2025 sollen alle Höfe ein System zur Messung und zur Zielerreichung implementiert haben.

Weitere Umwelt-Nachhaltigkeitsprogramme in Südafrika und in den USA werden vorgestellt.

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Weitere Informationen


IDF /Codex Fachstelle: Informationsblätter, Positionspapiere

Zusätzlich zu den aufgeführten Arbeiten wurden Informationen veröffentlicht:

  1. Informationsblatt zur genetischen Selektion (Fact sheet)
  2. Infoformationsblatt zur Funktion von Milch und Milchprodukten zur Unterstützung des Immunsystems (Fact sheet)
  3. IDF Positionspapier zum Einfluss von Covid-19 auf die sichere Lebensmittelversorgung und die Ernährung: Entwicklung von wirksamen Antworten um die Pandemie des Hungers und der Fehlernährung zu bekämpfen
  4. IDF Positionspapier über nachhaltige gesunde Ernährung: Balance zwischen pflanzen- und tierbasierten Lebensmitteln
  5. Bald werden auch die Informationsblätter zu Käse und Nitrat in Käse veröffentlicht.

Vom 4. bis zum 6. November findet das Symposium über Schaf-, Ziegen- und andere Nicht-Kuh-milch in virtueller Form statt.