Sie ist nur rund drei Millimeter klein, doch kaum ein Obst ist vor ihr sicher: Die Maden der Kirschessigfliege Drosophila suzukii haben Appetit auf Beeren, Steinobst und sogar Trauben. 2014 hat die kleine Fliege teilweise grosse wirtschaftliche Verluste in der Schweiz verursacht. Neben diversen Beerenkulturen hat sie erstmals Kirschen, Aprikosen, Pflaumen, Zwetschgen und Trauben stark befallen.
Was war der Grund für die Massenvermehrung der Kirschessigfliege im 2014? – günstige Witterungsbedingungen: Nach einem milden Winter folgten warme und feuchte Monate; der aus Asien eingeschleppte Schädling fühlte sich wie zuhause. In den Überwachungs-Fallen haben Agroscope-Fachleute daher rund zehnmal mehr Fliegen gefangen als in den Jahren zuvor.
Steinobst: Schäden wie nie zuvor
Weil der Frühling 2014 früh einsetzte, fand die Fliege schon rasch ideale Bedingungen vor. Sie nutzte frühe Kirschensorten, um sich rasant zu vermehren. Eine wachsende Population benötigte noch mehr Obst, um Eier zu legen. Der Befalls-Druck nahm daher im Verlauf der Saison stetig zu. In spät reifenden Kirschensorten und Zwetschgen kam es in der Folge vereinzelt zum Totalausfall. Neben Kirschen und Zwetschgen wurden auch Pfirsiche, Aprikosen und viele Wildobstarten befallen. Am stärksten betroffen waren Hochstammkulturen, Streuobstbestände und Direktvermarktungsbetriebe.
Beeren: Agroscope-Strategie zeigt Wirkung
Beeren sind die am stärksten gefährdete Kultur. Wegen der Vorjahresverluste waren die meisten Beerenproduzentinnen und -produzenten gewarnt und setzten die Agroscope-Pflanzenschutzstrategie um. So hielten sich die Schäden an Beeren 2014 in Grenzen. Nur wenn die empfohlenen Massnahmen nicht oder zu spät umgesetzt wurden, kam es zu erheblichen Ernteverlusten.
Trauben: Essigfäule oder Fliege?
Der feuchte Sommer begünstigte nicht nur die Kirschessigfliege, sondern auch Pilzkrankheiten und das Aufplatzen einzelner Trauben. Solche Bedingungen förderten die Essigfäule – und zwar so stark wie seit Jahren nicht mehr. Insgesamt vernichtete diese Krankheit im Jahr 2014 bis zu 10 % der Schweizer Ernte. Rückblickend hat man die Fliege bei einem Teil der Schäden zu Unrecht verdächtigt.
Der Anfang ist gemacht
Will man eine effektive Bekämpfungsstrategie auf die Beine stellen, braucht es Wissen zu Biologie und Verbreitung des Schädlings. Eine landesweite Überwachung (Monitoring) mit Fallen hat Agroscope zusammen mit den Kantonen ab 2011 installiert. Alle Aktivitäten in Forschung und Beratung geschehen kulturübergreifend und gesamtschweizerisch sowie im regen Austausch mit anderen Fachleuten. Darüber hinaus wurden Produzentinnen und Produzenten ins Boot geholt, um Überwachung und Bekämpfungsstrategie weiterzuentwickeln.
Strategie-Suche auf allen Ebenen
Das Jahr 2014 zeigte leider, dass bei hohem Befallsdruck gefährdete Kulturen nur schwer gegen die Kirschessigfliege zu schützen sind. Agroscope hat deshalb mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL eine Task Force ins Leben gerufen. Ziel ist es, mit allen Akteuren aus Praxis, Handel, Beratung, Vollzug und Forschung neue Bekämpfungsansätze im Steinobst- und Beeren-Anbau sowie im Rebbau zu entwickeln. Agroscope prüft die Wirksamkeit vorbeugender Massnahmen sowie die Schutzwirkung von Netzen und anderen künstlichen Barrieren. Löschkalk und weitere Steinmehle werden geprüft, da vermutet wird, dass diese Produkte die Eiablage einschränken. Zudem wird der Massenfang im Beerenanbau weiter optimiert und abgeklärt, ob diese Technik auch bei Steinobst und Trauben nützt. Des Weiteren wird der Wirkungsgrad von Köderverfahren getestet, um den Schädling mittels eines Lockstoffs gezielter zur Aufnahme von Insektiziden zu bewegen. Langfristig möchte Agroscope aber auch den Einfluss natürlicher Gegenspieler wie etwa kleiner Schlupfwespen erhöhen. All das soll mithelfen, gemeinsam mit der Praxis die aktuellen Bekämpfungsstrategien zu verbessern und neue und nachhaltigere Methoden zu finden, um den Appetit der Kirschessigfliege auf Obst zu bremsen.