Brückenbauer zwischen Stadt und Land

Brigitte Strickler, Iris Bachmann und Ruedi von Niederhäusern beurteilen die Qualität des Reitplatzsandes.

Etwa 110‘000 Pferde, Ponys und Esel auf 18‘000 Betrieben sowie 150 verschiedene, teilweise auch gezüchtete Rassen aus aller Welt – so präsentiert sich das Pferdeland Schweiz in Zahlen. Herausforderungen gibt es in der Schweizer Pferdebranche viele; zwei stehen dabei im Fokus: die rückläufigen Zahlen in der Zucht und die Raumplanung.

Einst Motor der Volkswirtschaften, ist das Pferd trotz Mechanisierung auch im digitalen Zeitalter nicht verschwunden und sorgt in veränderter Form für Einkommen im ländlichen Raum. Pferde sind heute in erster Linie geschätzte Begleiter in Freizeit und Sport. Nicht zuletzt deshalb ist das Pferd ein wichtiger Brückenbauer zwischen Stadt und Land.

Die früher fast ausschliesslich Männern vorbehaltene Pferdebranche ist heute in Westeuropa stark von Frauen geprägt. Damit verbunden sind unter anderem veränderte Ansprüche im Bereich Wohlbefinden und Tierschutz.

Die Haltung und Nutzung von Pferden beanspruchen beachtliche Flächen an Grünland und Infrastrukturen. Innerhalb der Landwirtschaftszone kommt es deshalb immer wieder zu Konflikten bezüglich der Zonenkonformität.

Herausforderungen gibt es in der Schweizer Pferdebranche deshalb viele; im vergangenen Jahr beschäftigten sich Mitarbeitende von Agroscope, Schweizer Nationalgestüt, unter anderem mit Fragen rund um rückläufige Zahlen in der Pferdezucht oder um die Optimierung der Rahmenbedingungen für die Pferdehaltung im Zusammenhang mit der Raumplanung.

Immer weniger Fohlen

Innerhalb der Nutztierproduktion nimmt die Pferdezucht seit jeher einen besonderen Platz ein: Die Erzeugung von Pferden diente nie primär der Nahrungsmittelproduktion, sondern der Bereitstellung von «Pferdestärken». Im 21. Jahrhundert benötigt im schweizerischen und westeuropäischen Umfeld niemand mehr Original-Pferdestärken. Wie ein Paradox erscheint diesbezüglich die Feststellung, dass es seit den Fünfzigerjahren nie mehr Pferde in der Schweiz gab als heute.

Rückläufig entwickeln sich seit Jahren die Geburtenzahlen von in der Schweiz gezüchteten Pferden. In Zahlen ausgedrückt minus 20 % zwischen 2002–2012 und zirka 4800 Fohlengeburten im 2013. Die züchterisch bedeutendste Rasse ist der Freiberger mit knapp 60 % der Geburten. Steigende Pferdepopulation, rückläufige Pferdezucht – ein weiteres Paradox? Pferdezucht ist aufwändig, kostenintensiv und mit Risiken verbunden. Hinzu kommt, dass die Absatzkanäle von einst nicht mehr existieren; Züchterinnen und Züchter steht deshalb alleine einem äusserst heterogenen Nachfragemarkt gegenüber.

Interessanter Betriebszweig

Pferde sind Raufutterverwerter, deren Zucht und Aufzucht sind bodenabhängige, landwirtschaftliche Tätigkeiten. Die Landwirtschaft ist der mit Abstand grösste Anbieter für Einstellplätze, Unterkunft oder Futter für Pferde. Aber, die Pensionspferdehaltung erfordert ein hohes Mass an Sozialkompetenz von Seiten der Anbieter; zudem sind die Qualität der Infrastrukturen sowie die Fachkompetenz der Betriebsleitenden entscheidende Erfolgsfaktoren.

Raumplanerischer Spezialfall

Die Pferdehaltung ist raumplanerisch ein Spezialfall innerhalb der landwirtschaftlichen Aktivitäten. Mit der Einführung zweier neuer Artikel im Raumplanungsgesetz wurde diesem Aspekt und der zunehmenden Bedeutung des Pferdesektors Rechnung getragen.

Die Neuerungen bringen vor allem grossen landwirtschaftlichen Gewerben erhebliche Vorteile. Pensionspferdehaltung kann sich zu einem interessanten und rentablen Betriebszweig entwickeln; es ist sogar möglich, vollständig auf diesen Betriebszweig umzustellen. Eine Erleichterung, die allen Pferdehaltenden zu Gute kommt, ist die Möglichkeit, befestigte Ausläufe künftig grösser dimensionieren zu dürfen als heute.

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Steigende Pferdepopulation, rückläufige Pferdezucht – ein Paradox?
Pferde sind Raufutterverwerter (Silage, Heu und Stroh), Fressen ist deren Hauptbeschäftigung.
Die Qualität von Infrastruktur und Fachkompetenz sind entscheidende Erfolgsfaktoren für die Pferdehaltung.
Pensionspferdehaltung kann sich zu einem interessanten Betriebszweig entwickeln.