Neues Käsereifungsverfahren: Käsereien und Textilfirmen übernehmen Federführung

Käsereifungsverfahren
Gemeinsame Beurteilung von Versuchskäsen: Der Käse auf dem Holzbrett wurde traditionell ohne Textil gereift. Die übrigen Käse reiften nach dem neuen Verfahren.
Urs Schellenberg (3. von rechts) wird die Spurgruppe leiten, die neu die Federführung übernimmt (Foto: Hans-Peter Bachmann, Agroscope)

Die wissenschaftlichen Fragen zum neuen Käsereifungsverfahren sind geklärt und es konnte ein Textil entwickelt werden, das alle Anforderungen erfüllt. Gemeinsam mit der Branche wurde entschieden, dass nun die Käsereien und Textilfirmen die weitere Umsetzung vorantreiben.

Agroscope hat das neue Käsereifungsverfahren im Jahr 2020 zum Patent angemeldet und das Patent Anfang 2023 vom europäischen Patentamt erhalten. Es funktioniert folgendermassen: Die Käse werden nach dem Salzbad in ein biologisch abbaubares Textil verpackt. Die Mikroflora der Käseoberfläche wächst in der Folge auf dem Textil. Am Ende der Reifung kann es einfach entfernt werden. Ein kleiner Teil der Mikroflora bleibt auf dem Käse zurück, womit er die typische orange-braune Rinde behält.

Erfolgreiche Ko-Kreation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft

Um das neue Verfahren in der Praxis umzusetzen, arbeitet Agroscope mit dreizehn kleineren und grösseren Käsereien und drei Textilfirmen zusammen. Umfangreiche Versuche haben gezeigt, dass das Wissen und die Erfahrung vorhanden sind, um das Verfahren erfolgreich in der Praxis einzuführen. Für Hans-Peter Bachmann, wissenschaftlicher Projektleiter bei Agroscope, ist es für eine erfolgreiche Ko-Kreation wichtig, möglichst früh auch Versuche mit der Praxis durchzuführen und diese eng zu begleiten. Das stärkt das gegenseitige Vertrauen.

Höchste Anforderungen an das Textil

Das Textil muss so beschaffen sein, dass die Mikroflora sich gut entwickeln kann und der damit verbundene Aufwand wesentlich kleiner ist, im Vergleich zur traditionellen Reifung. Beim Auspacken am Ende der Reifung muss der grösste Teil der Mikroflora auf dem Textil bleiben. Die ausgepackten Käse müssen die charakteristische Färbung der Rinde aufweisen und zudem sauber und trocken sein, so dass sie direkt portioniert und vorverpackt werden können. Nicht zuletzt muss das Textil gut biologisch abbaubar sein und imagemässig zum Naturprodukt Käse passen. Nach vielen Tests und Abklärungen wurden die geeigneten Textilien entwickelt.

Die Wirtschaftspartner übernehmen die Führung

An einem kürzlich durchgeführten Workshop bei Agroscope herrschte Konsens, dass die wissenschaftlichen Fragen nun geklärt sind. Für die nächste Phase der Umsetzung stehen wirtschaftliche Fragen im Vordergrund. Es ist deshalb wichtig und sinnvoll, dass nun die Wirtschaftspartner auch die Führung übernehmen. Dazu wurde eine Spurgruppe unter der Leitung von Urs Schellenberg, Inhaber und Geschäftsführer der E. Schellenberg Textildruck AG in Fehraltorf, etabliert. «Wir wollen das Verfahren schrittweise einführen und so die Prozesssicherheit – sowohl beim Textil, als auch beim Käse – gewährleisten», so Urs Schellenberg.

Beteiligte Umsetzungspartner

  • Käsebranche
    • Bergkäserei Gais
    • Bergkäserei Marbach
    • Bergkäserei Oberberg
    • Emmi Schweiz
    • Grangeneuve
    • Käserei Flüeler Alpnach und Molkerei Davos
    • Küssnachter Dorfkäserei / Intercheese
    • Lustenberger & Dürst / Käserei Koller
    • Seiler Käserei
    • Simmental Switzerland
    • Ufficio consulenza agricola (Alpkäsereien, Hofverarbeiter und Beratung aus Kanton Tessin)
    • Tilsiter Switzerland
    • Wildberg Käse
  • Textilbranche
    • E. Schellenberg Textildruck AG
    • Swisstulle AG
    • ISA Sallmann AG

Über das Käsereifungsverfahren

Ungefähr die Hälfte der Schweizer Käse werden Schmiere-gereift. Sie werden mit einer Mischung aus Wasser, Salz und zum Teil auch Kulturen von Mikroorganismen eingerieben. Darunter fallen traditionelle Sorten wie z. B. Appenzeller®, Tilsiter oder Raclette, aber auch zahlreiche lokale und regionale Spezialitäten. Charakteristisch ist dabei die orange-braune Rinde, die aus einer Mikroflora – der sogenannten Käseschmiere – besteht, welche die Milchsäure vom Käse abbaut und dadurch zum typischen Aroma beiträgt.

Das von Agroscope entwickelte neue Verfahren zur Reifung von Käse hat einige interessante Vorteile, da der Aufwand deutlich kleiner ist als bei der traditionellen Schmiere-Reifung. Die Käse verlieren während der Reifung weniger Wasser, was den Prozess beschleunigt, zu einer feineren Rinde, einem intensiveren Aroma und zu einer weicheren Textur führt. Nach der Reifung kann die Schmiere einfach entfernt werden. Da ein kleiner Anteil der Schmiere auf der Käseoberfläche verbleibt, behalten die Käse das charakteristische Erkennungsmerkmal, die orange-braune Käserinde. Käse, die nach diesem Verfahren gereift wurden, bilden in der Vorverpackung keine Fehlgerüche und sie kleben nicht.

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Agroscope unterstützt mit ihrer Forschung, Beratung und Lehrtätigkeit sowie den Dienstleistungen die Milchverarbeitung und hilft mit, dass Konsumentinnen und Konsumenten aus einem breiten Angebot an qualitativ hochstehende Produkten auswählen können.

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Letzte Änderung 24.10.2024

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