Trotz starker Nachfrage und höherer Preise ist 2021 weltweit die Rentabilität der Milchproduktion gesunken. Grund dafür sind die gestiegenen Kosten. Agroscope-Forschende fassen die wichtigsten Resultate der IFCN-Konferenz 2022 zusammen.
Weltweite Nachfrage nach Milch grösser als das Angebot
Die Nachfrage nach Milchprodukten ist 2021 mit 3,2% noch stärker gestiegen als im Zeitraum 2015 bis 2020, wo die Wachstumsrate bei 2,6% lag. Diese Zunahme der Nachfrage hat vor allem zwei Gründe:
- Das Wirtschaftswachstum in Asien führte in Verbindung mit einem positiveren, gesünderen Image von Milchprodukten zu einer höheren Nachfrage.
- Die staatliche Unterstützung der Konsumentinnen und Konsumenten in den USA während der Covid-Pandemie trug zu einer steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln bei.
Die Milchproduktion kann jedoch mit der steigenden Nachfrage nicht mithalten: Sie wuchs 2021 nur um 2,9%. In wichtigen Exportländern wie Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Polen und Italien ging die Milchproduktion sogar um 1 bis 13% zurück. Die Ursache sind schwierigere Produktionsbedingungen durch strengere Umweltvorschriften, ungünstige Witterungsbedingungen und steigende Inflation. Andere grosse Produktionsländer konnten diese Rückgänge nicht kompensieren.
Milchpreis erreicht neuen Rekordwert
Da die Nachfrage stärker als das Angebot zugenommen hat, sind die Milchpreise gestiegen. Im April 2022 erreichte der IFCN*-Weltmilchpreisindikator den neuen Rekordwert von 63 Dollar pro 100 kg fett- und eiweisskorrigierte Milch. Ein Jahr zuvor, im April 2021 betrug er 47 Dollar.
Ein weiterer Grund für den Preisanstieg ist die steigende Inflation. So nahmen die Preise für Betriebsmittel − insbesondere für Futtermittel und Energie − stark zu. Im Jahr 2021 stieg der Weltfutterpreisindikator um 39% gegenüber dem Vorjahr. Infolgedessen sind die Kosten für die Milcherzeugung fast überall auf der Welt gestiegen und die Rentabilität der Betriebe ist trotz hoher Milchpreise gesunken.
Herausforderung künftiger Generation
Zusätzlich zur angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Betriebe hat die Unsicherheit wegen geopolitischer Konflikte, Klimawandel, Pandemien und neuen Umweltvorschriften zugenommen. Eine weitere Herausforderung ist die unausgewogene Alterspyramide: Der Anteil der Landwirtinnen und Landwirte, die älter als 55 Jahre sind, ist hoch und nimmt weiter zu. Auch wenn sich der weltweite Trend zur Betriebskonsolidierung und zur Konzentration auf grössere Betriebe fortsetzen dürfte, ist es ungewiss, ob in den kommenden Jahren genügend junge Nachfolgerinnen und Nachfolger vorhanden sind. Ihre Haupthindernisse sind wirtschaftliche Faktoren (z. B. geringe Rentabilität der Milchviehhaltung und hohe Investitionen) sowie soziale Faktoren (z. B. negatives Image des Berufs, hohe Arbeitsbelastung). Die Landwirte der nächsten Generation müssen flexibel sein, um mit Anpassungen ihrer Produktionssysteme sowie Anwendung neuer Technologien auf volatile Bedingungen reagieren zu können. Steigende Anforderungen der neuen Generation von Konsumentinnen und Konsumenten können nur durch hohe Transparenz und verbessere Kommunikation erfüllt werden.