Frühreife-Rekord bei Trauben

Frühreife Rekord Trauben

Die seit 1925 im Forschungszentrum von Agroscope in Pully aufgezeichneten Beobachtungen ermöglichen eine Evaluierung des Einflusses des Klimawandels auf die Trauben im Genferseegebiet. Dieses Jahr schlägt der Reifebeginn des Chasselas einen historischen Rekord.

Weinreben als geeigneter Indikator für den Klimawandel

Die Weinrebe gehört sicherlich zu den sensibelsten in unseren Regionen angebauten Pflanzen, was Klimaschwankungen in der Vegetationsperiode anbelangt. Sie benötigt Wärme und entwickelt sich ausschliesslich bei Temperaturen über 10 °C. Die thermischen Bedingungen ab Ende des Winters und während der vegetativen Phase beeinflussen die Geschwindigkeit ihrer Entwicklung massgeblich. Die Wärmeliebe der Weinreben macht sie für Klimahistoriker besonders interessant, ebenso wie für die Analyse der Auswirkungen der weltweiten Klimaerwärmung, die wir gerade erleben.

96 Jahre Beobachtungen am Forschungszentrum von Agroscope in Pully


1915 wurden die Waadtländische Weinbaustation und das Versuchsgebiet von Pully vom Bund übernommen. Das Weinbauzentrum von Pully liegt im Osten des Ballungsgebiets von Lausanne. Seit 1925 wurden systematisch alle Informationen bezüglich der wichtigsten Entwicklungsstadien der Reben (Wachstumsbeginn, Blüte, Beginn der Traubenreife oder Reifezeit) sowie die Daten der Weinernte der Rebsorte Chasselas erfasst Es handelt sich um eine der längsten systematischen Beobachtungsreihen im Bereich der Phänologie von Weinreben in der Schweiz.

Zyklischer Verlauf bei der Entwicklung der Wachstumsstadien der Reben

Die seit 1925 durchgeführten Beobachtungen zeigen einen gewissen zyklischen Verlauf, der sich mit dem klaren Trend im Zusammenhang mit der deutlichen Klimaerwärmung der letzten Jahre überschneidet. Der Zeitraum 1925-1939 zeichnet sich aufgrund häufig kühler Frühjahre und Sommerbeginne durch allgemein späte Reifebeginne aus. Dies ändert sich grundlegend von Beginn der 1940er bis zum Beginn der 1950er-Jahre, denn in dieser Zeit reiften die Trauben häufig sehr früh und bereits zu denselben Zeiten wie heute. Auf diese Zeitspanne folgten ungefähr 30 kühlere Jahre mit entsprechend späteren Reifezeiten.

Traubenreife seit 1985 immer früher

Seit 1985 reifen die Trauben immer früher und so wurde auch immer früher geerntet, was auf einen allgemeinen Temperaturanstieg, insbesondere in den Frühjahres- und Sommermonaten zurückzuführen ist. Die in diesem Jahr seit dem Frühjahr verzeichneten aussergewöhnlichen Hitzebedingungen haben nun in dieser langen Serie von Messungen seit fast einem Jahrhundert zu einem Frühreiferekord (20.7.) beim Beginn der Traubenreife geführt. Dies entspricht einem Vorsprung von über drei Wochen im Vergleich zum durchschnittlichen Datum für dieses Reifestadium, das zwischen 1925 und 2022 gemäss den Berechnungen am 13. August erreicht wurde. Dieser Rekord schlägt den vorherigen, im Jahr 2011 erreichten Rekord um zwei Tage.

Reifezeitpunkt

Die frühreifsten und spätreifsten Jahrgänge seit 1925

Die weiteren sehr frühreifen Weinjahre mit einer Traubenreife im Juli sind: 1943, 1945, 1947, 1950, 1952, 1953, 1976, 1989, 2007, 2009, 2015, 2017 und 2020.

Andersherum sind die folgenden Jahre diejenigen, in welchem die Reife am spätesten erreicht wurde: 1939 (20.9.), 1926 (14.9.), 1938 (8.9.) und das am wenigsten weit zurückliegende 1980 (6.9.).

Im Vergleich zu 1939 stellt man 2022 demnach einen Vorsprung von zwei Monaten für denselben Reifegrad fest… aber vom traurigen Jahrgang 1939, der in mühseliger Arbeit Ende Oktober im Schnee geerntet wurde, sagte man häufig, dass er niemals getrunken worden wäre, wenn es keine allgemeine Mobilmachung gegeben hätte. So schlecht fiel der Wein aus.

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Weinbau Rebberg

Weinbau

Die Weinbau- und Önologieforschung Agroscope soll praktische Probleme der Schweizer Winzer unter Berücksichtigung der regionalen Besonderheiten lösen.

Letzte Änderung 02.08.2022

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