Die Untersuchungen zur Affinitätsproblematik bei Süsskirschen lassen zurzeit keine eindeutige und allgemeingültige Aussage zu. Das Problem ist vielschichtig und von mehreren Faktoren abhängig. Eine wichtige Rolle spielt, dass die Unterlagen nicht der gleichen botanischen Art angehören wie die Sorte. Dies führt zu genetisch bedingter Inkompatibilität. Weiter kommt ein Virus oder virusähnlicher Erreger in Frage. Agroscope konnte zwei Kirschsorten mit „Cherry Virus A“ freiem Material ersetzen und das Problem so entschärfen. Erfahrungen aus Deutschland zeigen aber, dass allenfalls ein anderes, unbekanntes Virus zu den Problemen beiträgt, da das „Cherry Virus A“ weit verbreitet ist. Die Witterung, Bodenbeschaffenheit und der allgemeine Zustand der Unterlage beeinflussen die Ausprägung der Symptome massgeblich. Eine Veredlung bedeutet Stress für die Pflanze; kommen weitere Stressfaktoren hinzu, führt dies zu Affinitätsproblemen (Riesen, 1990). Möglicherweise können Baumschulen die Affinitätsprobleme reduzieren, wenn sie GiSelA 5 als Unterlage für die Mutterbäume verwenden. Ob dies bei grossen Baumschulen wirtschaftlich ist, ist nicht geklärt. Durch den Austausch von Kirschensorten und Unterlagen im Agroscope Nuklearstock und bei den Schweizer Baumschulen konnten die Affinitätsprobleme bei vielen Sorten reduziert oder gar gelöst werden (Riesen und Ladner, 1998). Bei folgenden Sorten treten die Probleme weiterhin auf: Basler Adler, Basler Langstieler, Burlat, Grenzacher/Hemmiker, Hallauer Aemli, Hedelfinger Abels Späte, Heidegger, Lampnästler, Magda, Mandy, Merchant, Rigikirsche (Lauerzer), Roter Lauber, Schauenburger, Star, Sumtare (Sweetheart ®), Webers Sämling, Weisse Herzkirsche und Wölflinsteiner. Agroscope empfiehlt deshalb, sie auf Sämlingsunterlagen zu veredeln, andernfalls nimmt die Baumschule einen Verlust wegen Affinitätsproblemen in Kauf. Erfahrungen aus Baumschulen zeigen jedoch, dass sich Basler Adler, Burlat, Merchant, Schauenburger, Star und Sumtare (Sweetheart ®) seit einigen Jahren ohne grosse Probleme auf GiSelA 5 veredeln lassen. Agroscope und das LTZ führen weiterhin jährlich Versuche durch, um neue Probleme frühzeitig zu erkennen.