Zuerst ist da ein Zögern, dann aber ist die Begeisterung deutlich hörbar. „Sehr, sehr viel Freude hat es gemacht, als wir im 2010 zusammen mit Frankreich die Federführung in einem EU-Forschungsprojekt übernehmen konnten.“ Dabei ging es um neue Anbausysteme für eine Qualitätsproduktion von roten Beeren mit hohen Gehalten an gesundheitsrelevanten Inhaltsstoffen. Es ist dieses Zusammenarbeiten über Landesgrenzen hinaus, aber auch das Lernen voneinander, das Christoph Carlen als einen wichtigen Teil seiner Arbeit ausmacht.
Christoph Carlens Interesse an der Landwirtschaft und der Erforschung von Pflanzen im Besonderen ist schon früh entstanden, als Kind beim Ferien-Heuen im Goms. Oder während der Zeit, als er in Brig ins Kollegium Spiritus Sanctus ging, ins deutschsprachige Gymnasium im Wallis. Da arbeitete er jeweils während den Sommerferien im Chablais auf einem Bauernhof mit Rinderbetrieb und Ackerbau. Bis zur Matura habe er kaum jemals den Kanton verlassen, mit Ausnahme von Fahrten nach Domodossola und Chamonix, schmunzelt Christoph Carlen, „zum ersten Mal das Meer gesehen habe, ich mit Neunzehn“.
Selbst die Studentenjahre in Zürich blieben ein Intermezzo, auch wenn er die Atmosphäre an der ETH während des Ing. Agronom Studiums und der anschliessenden Dissertation extrem spannend empfand. Anders als jene die gleich das Post-Doc-Studium anhängen oder während einem Zwischenjahr die Welt bereisen, liess sich Christoph Carlen 1994 gleich im Wallis nieder. Er gründete in Gampel eine Familie und wurde Vater von zwei Töchtern und einem Sohn. Der Kanton Wallis hatte ihm die Chance gegeben, dort weiterzufahren, wo er mit der Dissertation in Zürich angelangt war. Als wissenschaftlicher Berater in der Dienststelle für Landwirtschaft half er, die Integrierte Produktion im Wallis, im speziellen im Berggebiet, umzusetzen. Es sei, so sagt Christoph Carlen heute, eine „ziemliche Übung gewesen“. Die Gewohnheiten der Landwirte ändert man nicht so leicht. „Aber heute sagen die Bauern selber auch, dass es sich gelohnt hat.“ Es brauche, so meint Christoph Carlen mit einer typisch walliserischen Gelassenheit, „halt immer etwas Distanz.“
1999 tat sich Christoph Carlen die Tür auf, auf die er immer spekuliert hat. Schon seit der Dissertation habe er sich eine Stelle an einer der Forschungsanstalten gewünscht. Es hat sich dann ergeben, dass bei Agroscope in Conthey eine Stelle in der Forschungsgruppe Beeren und Medizinal- und Aromapflanzen ausgeschrieben wurde. Dieses Thema hat ihn interessiert, er hat sich beworben und die Stelle bekommen, die ihm dann auch sehr viel Freude bereitete. Als sein Chef Charly Darbellay 2005 die Altersgrenze erreichte, stand Christoph Carlen am richtigen Ort, um seine Nachfolge anzutreten und den Forschungsbereich Gedeckte Kulturen und Kulturen im Alpenraum an den Standorten Conthey und Cadenazzo zu leiten. Fortan befasste er sich mit Forschungsaktivitäten im Bereich Spezialkulturen und leitete internationale und nationale Forschungsprojekt, vor allem mit Wissenschaftlern aus Frankreich, Deutschland, Österreich oder der Türkei, die alle auf eine lange Traditionen im Bereich der Spezialkulturen wie Beeren, Aprikosen, Tomaten und Gewürzkräuter zurückblicken können.
Es scheint somit folgerichtig, dass Christoph Carlen anfangs 2017 in die Geschäftsleitung von Agroscope berufen wurde, wo er seither den Strategischen Forschungsbereich Produktionssysteme Pflanzen leitet. Zum Forschen selber kommt er allerdings kaum mehr. Er sieht sich heute auch mehr als Coach, der seine Erfahrung bei der Formulierung von Projekten und der Interpretation von Forschungsergebnissen einbringt. Weiterhin bleiben aber für ihn die Interaktionen und der Kontakt mit der Praxis sehr wichtig und konstruktiv. „Hier können wir“, sagt er selbstkritisch, „noch besser werden, mögliche Probleme früher antizipieren und somit auch früher entsprechende Lösungen entwickeln.“ Ein gutes Beispiel dafür sei etwa die Bekämpfung der Kirschessigfliege. Und was hält er von der Kritik, die aus der Praxis kommt? Unter Berücksichtigung ihres Blickwinkels bringen die Praxis und die Verbände oft sehr gute Ansätze für die Forschung. „Unsere Aufgabe ist es aber, alle Interessen unter einen Hut zu bringen.“ In diesem Sinne sei er sehr zufrieden, dass man die kommunikativen Anstrengungen bei Agroscope in der letzten Zeit verstärkt habe.