Nadja El Benni: Faszination für praxisrelevante Forschung

Nadja El Benni

Seit Anfang 2017 leitet die 37-jährige Agrarökonomin Nadja El Benni bei Agroscope den neuen Strategischen Forschungsbereich «Wettbewerbsfähigkeit und Systembewertung» am Standort Tänikon (TG), einen der zehn neuen Forschungs- und Kompetenzbereiche. «Ich bin gut gestartet, aber es gibt sehr viel zu tun», antwortet sie auf die Frage, wie sie die erste Zeit erlebt habe.

Parallel zur organisatorischen Neuausrichtung verschaffte sich Nadja El Benni einen Überblick über ihren Bereich. Während sie die Agrarökonomen gut kannte, bedeutete die Agrartechnik für sie weitgehend Neuland. «Die Breite unserer Themen ist enorm», sagt Nadja El Benni. Dies erachtet sie als Vorteil: «Dank dieser Vielfalt ist es möglich, Fragestellungen ganzheitlich anzugehen.»

Nun hat sie die Aufgabe, die Forschung Agroscope-Standort Tänikon verstärkt auf das Thema «Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft» auszurichten. Dazu gehört auch der neue Schwerpunkt Smart Farming. «Wir werden uns auf die Beziehung zwischen Technik und Mensch konzentrieren», präzisiert Nadja El Benni. So soll untersucht werden, welche technischen Entwicklungen für die Landwirtinnen und Landwirte eine Erleichterung sein könnten, und welche zusätzlichen Stress bedeuten. «Unsere Aufgabe ist es, das zu tun, was die Privatwirtschaft nicht kann, etwa die neuen Technologien unabhängig zu bewerten», erklärt sie.

Viel Arbeit hat Nadja El Benni auch als Standortverantwortliche für Tänikon, wo der Forschungsbereich angesiedelt ist. Denn der Täniker Versuchsbetrieb wird seit Anfang 2017 vom Kanton Thurgau gepachtet. So ist man daran, mit dem Bildungs- und Beratungszentrum (BBZ) Arenenberg, das den Täniker Betrieb operativ führt, einen Pacht- und Zusammenarbeitsvertrag abzuschliessen. Zudem sind gemeinsame Aktivitäten geplant. Der Koordinationsaufwand sei gross, sagt Nadja El Benni, aber Agroscope könne die Forschung dank dem Austausch mit dem BBZ Arenenberg stärker auf die Praxis ausrichten. «Das Motivierende ist, dass Agroscope und der Kanton Thurgau dasselbe Ziel verfolgen: Wir wollen einen Vorzeigebetrieb aufbauen und das Thema Smart Farming vertiefen.»

Die Faszination für gesellschaftlich relevante Forschung war denn auch der Grund, weshalb Nadja El Benni nach dem Gymnasium das Fach Agrarwissenschaften wählte. Nach dem Bachelor studierte die Berlinerin mit libanesischen Wurzeln an der ETH Zürich Agrarökonomie und doktorierte dort bei Bernard Lehmann, dem heutigen Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft, zu den Auswirkungen des Direktzahlungssystems auf die Einkommensverteilung und das Einkommensrisiko. Bei ihren Anstellungen an der ETH Zürich, der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur sowie am Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL befasste sie sich mit der Analyse landwirtschaftlicher Märkte und der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Landwirtschaft. «Das Zusammenspiel von Natur-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, die gesamtheitliche Betrachtung von der Produktion bis zum Konsum – die vielfältigen methodischen Ansätze gefallen mir sehr.»