Michael Winzeler: Wissen zur Verfügung stellen

Michael Winzeler

Hätte es damals 1985 schon Internet und E-Mail gegeben, wer weiss, vielleicht wäre alles anders gekommen und Michael Winzeler (1956) wäre in Australien gelandet. Nach dem Abschluss seiner Dissertation hatte er sich nämlich auf zwei Stellen beworben, eine im australischen Adelaide, die andere in Guelph im kanadischen Bundesstaat Ontario. „Für Kanada habe ich mich eigentlich aus Zeitnot entschieden, die Brief-Antwort aus Adelaide liess zu lange auf sich warten.“ Obwohl ihm die Universität Guelph angeboten hatte, seine Post-Doc-Zeit zu verlängern, kehrte Michael Winzeler nach zwei Jahren wieder in die Schweiz zurück, als Oberassistent an die ETH Zürich. Lange blieb er der Grundlagenforschung indes nicht treu. Bereits gut ein Jahr später wurde er Gruppenleiter in der Weizenzüchtung an der damaligen Forschungsanstalt für Pflanzenbau in Reckenholz. Im Jahr 2000, nach einer grösseren Reorganisation der landwirtschaftlichen Forschung, baute er den neuen Agroscope-Forschungsbereich Öko-Controlling auf, welcher ab 2008 zum Forschungsbereich Biodiversität und Umweltmanagement erweitert wurde. Und jetzt, 2017, ist Michael Winzeler als Mitglied der Agroscope-Geschäftsleitung zuständig für den Strategischen Forschungsbereich Pflanzenzüchtung.

Diese ganze Zeit war die Pflanzenzüchtung sein Thema: Ein weites Feld mit zahlreichen spannenden Fragen wie beispielsweise, welche Pflanzen in der Schweiz mit öffentlichen Geldern gezüchtet werden sollen. Besonders freut Michael Winzeler, dass auch der Bundesrat mit der „Strategie Pflanzenzüchung“ die Bedeutung des Themas anerkannt hat. Noch ist offen, wie diese Strategie umgesetzt werden soll. Auf den Entscheid der Landesregierung wartet Michael Winzeler mit Spannung. Unumstritten ist Pflanzenzüchtung aber nicht. Im Fokus steht Reckenholz, wo die Gentechnik ein wichtiges Thema ist. Wie beeinflussen den Forscher Winzeler die oft sehr emotionalen Diskussionen um die Gentechnik? „Mein Job ist es, Wissen zur Verfügung zu stellen“ sagt Michael Winzeler, gibt aber zu, dass es ihm „Mühe macht, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse in der politischen Diskussion falsch verwendet werden“.

Michael Winzelers berufliche Laufbahn erweckt den Eindruck, als sei sie sorgfältig geplant. „Nein“, sagt er, „der einzige strategische Entscheid war, vor der Diss ein Jahrespraktikum in Reckenholz zu absolvieren“. Dann habe er einfach zugepackt, wenn sich einen Chance aufgetan habe. Leitmotiv war stets die Pflanzenzüchtung, ein Interesse, das in frühster Jugend entstand, als er mit seinem Vater im thurgauischen Wigoltingen den Bauern beim Garben-Laden half, „alles noch mit Ross und Wagen“. Diese Verbundenheit mit den Pflanzen hat er auch seinen beiden Söhnen auf den sonntäglichen Spaziergängen mitgegeben. Die Söhne haben dennoch andere Wege gewählt, als Primarlehrer der eine, in die Wirtschafts- und Finanzwelt der andere.

Heute lebt Michael Winzeler mit seiner Frau, einer Agronomin, die sich zur Primarlehrerin umschulen liess, in Wettingen. Und immer noch ist die Züchtungsforschung sein Thema. Die Arbeit im Feld hat er mit Managementaufgaben an vier verschiedenen Arbeitsplätzen ausgetauscht, in Reckenholz, Wädenswil, Changins und im Speisewagen. Welchen er am liebsten hat, will er wohlweislich nicht verraten. Kein Zögern aber auf die Frage, welcher ihn am meisten beansprucht: Es ist wie schon zu Beginn seiner Laufbahn Reckenholz, nur ist der damalige Praktikant heute der Standortverantwortliche.

Was, wenn in vier Jahren das Pensionsalter erreicht ist? Langweilig wird es Michael Winzeler nicht. Der Rücken macht zwar nicht mehr mit wie früher, so dass er nach 30 Jahren das Volleyballspiel aufgeben musste. Dafür tanzt er regelmässig einmal in der Woche. In den letzten Jahren hat er angefangen, Italienisch zu lernen, das will er vertiefen. Und reisen. Eine mehrwöchige Reise soll es jährlich sein. Und man glaubt ihm, wenn er sagt: „Ich nehme es locker, es passiert ja so viel.“