Eva Reinhard will mit ihrer Arbeit Mehrwerte erzielen

Eva Reinhard

«Stillstand ertrage ich schlecht. Überhaupt sollten wir unsere Energie nicht für das Bewahren, sondern für das Vorwärtskommen investieren», sagt Eva Reinhard; seit dem 1. April 2018 leitet sie Agroscope. Und: «Erfolgserlebnisse habe ich immer dann, wenn ich durch meine Arbeit mithelfen kann, einen Mehrwert zu erzeugen und etwas umzusetzen, das es vorher nicht gab.» Ein Beispiel: Die Erarbeitung von internationalen Standards für die Futtermittelsicherheit und -qualität im Rahmen des Codex alimentarius der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO und der Weltgesundheitsorganisation WHO, welche die Codex-Vollversammlung 2013 in Rom international verabschiedete. Die Schweiz habe sich über diese Standards extrem gut positionieren können.

Eva Reinhard, Jahrgang 1961, ist in Zürich aufgewachsen. Nach dem Gymnasium studierte sie an der ETH Zürich Biologie; es folgte eine Doktorarbeit am Friedrich Miescher-Institut in Basel in Entwicklungsneurobiologie. Europäisches Chemikalienbüro ISPRA Italien, Duke University, University of Oregon USA und Stanford University USA, Sandoz Österreich – Eva Reinhard verfügt über eine breite Forschungserfahrung. Hinzu kommt ihre langjährige Führungserfahrung: Seit mehr als zwanzig Jahren – davon achtzehn Jahre in der Bundesverwaltung – arbeitet sie in leitenden Positionen, zuletzt als stellvertretende Direktorin des Bundesamts für Landwirtschaft. Was macht die Stelle als Leiterin Agroscope für sie attraktiv? – Sie bewege sich wieder näher an der Entwicklung und Umsetzung von neuem Wissen, das fasziniere sie. Eva Reinhard: «Ohne selber im Labor pipettieren zu müssen, erhalte ich Forschungsresultate, die wir wie Puzzleteilchen zusammensetzen können. So lernen wir, das Agrarökosystem besser zu verstehen, was wir in Lösungen für die Praxis umsetzen können.»

Erste Kontakte zu Agroscope hatte sie während ihrer Tätigkeit beim Bundesamt für Gesundheit, über den Vollzug des Chemikalienrechts. «An Agroscope faszinierte mich bereits damals, dass so viele Menschen an einem für die Gesellschaft relevanten Thema arbeiten dürfen, und dies ohne den in der nationalen und internationalen kompetitiven Forschungswelt konstanten einseitigen Erfolgsdruck.» Seit 2014 und ihrem Einsitz in den Agroscope-Rat blickt sie aus einer anderen Perspektive auf das Forschungsunternehmen – nämlich aus der Strategiewarte.

Wo steht Agroscope heute; und wo in fünf Jahren? – «Heute bestehen intern und extern grosse Zweifel an Agroscope. Diese Zweifel kosten sehr viel wertvolle Zeit, welche Agroscope nicht in die Bearbeitung der Kernaufgaben investieren kann», fasst Eva Reinhard den Ist-Zustand zusammen. «Mein Ziel ist es, dass Agroscope sich in fünf Jahren nicht mehr mit Fragen der Daseinsberechtigung auseinanderzusetzen hat und die Alleinstellungsmerkmale von allen anerkannt und gelebt werden.» Und zur laufenden Strukturreform sagt sie: «Reformen gibt es, weil Lücken da sind. Wer diese Lücken zuerst erkennt, hat die Möglichkeit, sie zu füllen und die Zukunft so aktiv mitzugestalten.» Was Agroscope jetzt brauche, sei eine konstruktive und positive Auseinandersetzung mit sich selber und eine innovative Herangehensweise ans Zukunftsprojekt.

Eva Reinhards Agenda ist randvoll. Zeit für Freizeit? – Ja, auch. Eine besondere Vorliebe hat sie für das Theater, das sie oft besucht. Und: «Ich esse sehr gerne.» Seit sie für die Landwirtschaft arbeite, habe sich ihr Verhältnis zum Essen verändert. «Herkunft und Qualität der Produkte haben eine höhere Bedeutung bekommen; heute kaufe ich viel bewusster ein als früher.» Und Kochen? – «Nein», winkt sie lachend ab. Das überlasse sie ihrem Partner, mit dem sie in Bern wohnt und der das viel besser könne.