Das Schweizer Schienennetz umfasst etwa 5'300 Kilometer und gehört zu den am dichtesten ausgebauten Schienennetzen der Welt. Täglich werden bis zu 1.2 Mio. Passagiere und 1 Mio. Tonnen Güter transportiert. Die Ansprüche an die Bahninfrastruktur bezüglich Sicherheit und Funktionsfähigkeit im dichten Fahrplan sind enorm und bedingen hohe Standards und regelmässige Kontrollen. Bis in die jüngere Vergangenheit wurden deshalb die Bahnanlagen mittels gezielten Herbizidanwendungen möglichst flächendeckend frei von jeglichen Pflanzen gehalten. Aufkommende Umweltbedenken und insbesondere die Diskussionen über die Umwelt- und Gesundheitsrisiken des eingesetzten Herbizid-Wirkstoffs ‘Glyphosat’ haben zu einer Praxisanpassung bei den Bahnbetreibern geführt. Die Schweizerische Bundesbahnen (SBB) haben als grösstes Bahnunternehmen in der Schweiz deshalb entschieden, die eingesetzte Herbizidmenge dank differenzierter Einzelpflanzenapplikation zu reduzieren und mit einem Aktionsplan «NoHerbie – Alternativen zu Herbiziden» nach technisch-baulichen und mechanisch-thermischen Massnahmen für einen Verzicht auf chemisch synthetische Herbizide zu suchen. Agroscope untersuchte zusammen mit der Haute école du paysage, d'ingénierie et d'architecture de Genève (HEPIA) im Projekt „Grüner Teppich“ (2019–2023), ob die gezielte Begrünung von Banketten und Gleisrandbereichen chemische Herbizide wie Glyphosat ersetzen können. Ziel war die Etablierung einer Vegetationsdecke, die Problempflanzen verdrängt, die Sicherheit der Bahninfrastruktur gewährleistet und die Biodiversität fördert. Es wurden 5 verschiedene Pflanzensamenmischungen an 6 Standorten auf Banketten und Zwischengleisbereichen in der Schweiz und in Frankreich und an einem Standort auf einem Flachdach getestet. Die Ansaaten erfolgten auf verschiedenen Kiesunterlagen. Im Versuch konnte gezeigt werden, welche Arten bzw. Mischungen sich für die Begrünung von Zwischen- und Gleisrandbereichsflächen eignen. Für die erfolgreiche Etablierung ist der Gehalt an organischer Substanz, die sich erst im Laufe der Jahre auf den sehr mageren Kiesböden ansammelt, von grosser Bedeutung. Zwei Mischungen, eine polyvalente (TV2) und eine ruderale Mischung (RR), erreichten nach fünf Jahren auf geeignetem Bodensubstrat eine mittlere Bodenbedeckung von mehr als 70 % mit gesäten und spontan aufkommenden Arten. Mit der Ansaat der Mischungen wird die Artenvielfalt durchschnittlich um 5 Arten erhöht. Der Deckungsanteil an Problempflanzen blieb während der Untersuchungsperiode gering. Er hängt stark von der Umgebung ab – insbesondere rankende Arten aus angrenzenden Böschungen und vom Wind verbreitende Arten konnten sich ansiedeln. Die Arten in den eingesetzten Samenmischungen erfüllten die Ansprüche an die Sicherheit. Ein ‘Grüner Teppich’ im Gleisrandbereich kann erfolgreich angelegt werden, aber er wird den Unterhaltsaufwand kaum reduzieren. Die Begrünung im Gleisrandbereich ist eine realistische Alternative zur Herbizidanwendung. Die Ergebnisse bieten eine Grundlage für ökologischere Alternativen im Bahnunterhalt, sie erfordern jedoch eine langfristige Optimierung und werden auch Pflegeaufwand verursachen. Zukünftige Ansätze könnten die Kombination von mechanischen, chemischen und biologischen Strategien umfassen, um eine optimale Nachhaltigkeit zu erreichen.