Antibiotikaresistenzen auf Salatpflanzen?

Antibiotikaresistenzen auf Salat
Maria Stergiou und David Drissner nehmen Proben von Salatpflänzchen.

Antibiotika verlieren immer mehr ihre medizinische Wirkung. Dies beruht auf einer Zunahme von antibiotikaresistenten Bakterien, welche nicht nur bei Mensch und Tier, sondern auch auf Lebensmitteln vorkommen. Agroscope untersucht, wie Antibiotikaresistenzen auf pflanzliche Lebensmittel übertragen werden können.

Für pflanzliche Lebensmittel wie Frischsalate sind die Risiken mannigfaltig, während der Produktion durch unerwünschte Keime verunreinigt zu werden. Bakterien können z.B. über organische Dünger, Boden, Tiere oder Bewässerungswasser auf die Pflanzen gelangen. Durch den Verzehr der rohen Frischprodukte nehmen Konsumentinnen und Konsumenten eine Vielzahl von Bakterien auf. Die meisten davon sind unbedenklich oder sogar nützlich für den Menschen. Andere aber sind unerwünscht, wie z.B. krankmachende Salmonellen, EHEC und Listerien sowie antibiotikaresistente Bakterien.

In der Umwelt sind antibiotikaresistente Bakterien natürlicherweise verbreitet. Sie haben aber in den vergangenen Jahrzehnten durch den vermehrten klinischen Gebrauch von Antibiotika zugenommen. Vermehrt können in der Umwelt auch sogenannte multiresistente Bakterien gefunden werden, welche gegen drei oder mehr Klassen von Antibiotika unempfindlich sind. 

Fokus auf der Bewässerung
Im Rahmen des Agroscope-Forschungsprogramms REDYMO wird deshalb untersucht, wie antibiotikaresistente Bakterien auf Salatpflanzen gelangen. Insbesondere werden die antibiotikaresistenten Darmbakterien E. coli und Enterokokken erforscht, die als Fäkalindikatoren dienen. Ein besonderes Augenmerk wird auf das Bewässerungswasser gerichtet. Nach Beprobung von Pflanzen und Bewässerungswasser werden im Labor resistente Bakterien auf Nährmedien mit verschiedenen Antibiotikazusätzen kultiviert. Danach werden die Resistenzen der isolierten Bakterien auf bis zu 32 klinisch bedeutsame Antibiotika bestimmt. Auf diese Weise konnten bereits einige multiresistente E. coli identifiziert werden.

Verdacht erhärtet sich
Um zu klären, ob das Bewässerungswasser zum Vorkommen von resistenten Darmbakterien auf den Pflanzen beiträgt, wurden Bakterienisolate aus Wasser- und Pflanzenproben mit gleichem Antibiotikaresistenzmuster per Genanalyse untersucht, dem Multi Locus Sequence Typing (MLST). Diese Methode wird angewendet, um die Herkunft der Bakterien zu ermitteln, z.B. im Falle eines lebensmittelbedingten Krankheitsausbruchs, um das dafür verantwortliche Lebensmittel ausfindig zu machen. Diese Analysen haben gezeigt, dass das Bewässerungswasser eine Kontaminationsquelle antibiotikaresistenter E. coli auf Pflanzen darstellt.

Massnahmen zur Vermeidung
Agroscope-Experten führten diese Studie in Zusammenarbeit mit der Branche, mit Fachstellen und Praxisbetrieben durch. Das Vorkommen von E. coli und Enterokokken im Bewässerungswasser wird in verschiedenen Schweizer Anbaugebieten sowie auf Salatpflanzen während des Anbaus bis hin zum Ernteprodukt und verarbeiteten Schnittsalaten untersucht. Für die gemüsebauliche Praxis wurden daraus Massnahmen zur Vermeidung der Kontaminationen von Frisch- und Schnittsalaten in einem Agroscope-Merkblatt zusammengefasst, das demnächst im 2017 erscheint.

Die Forschung geht weiter
Weiterführende Studien sollen im Rahmen der Nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) und des vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Nationalen Forschungsprogrammes «Antimikrobielle Resistenz» (NFP72) gestartet werden. Das Ziel: zusätzliche Kontaminationsquellen wie der Boden oder landwirtschaftlich genutzte organische Dünger untersuchen.

Ab Anfang 2017 erforschen Agroscope-Fachleute, welche Resistenzen und Bakterien aus Boden, Wasser oder Dünger bis zur Ernte auf Salatpflanzen übertragen werden, in welchem Ausmass das geschieht, welche Resistenzen überdauern und bis zum Menschen gelangen. Daraus sollen Empfehlungen für die landwirtschaftliche Praxis, für Monitoringprogramme und behördliche Richtlinien entwickelt werden. So will Agroscope mithelfen, Antibiotikaresistenzen in Umwelt und Landwirtschaft sowie die Übertragung auf die Lebensmittelkette zu reduzieren.

Antibiotikaresistenzen auf Salat
Die Bakterien auf den Salatpflänzchen werden auf Agar-Platten gezüchtet.
Antibiotikaresistenzen auf Salat
Um welches Bakterium handelt es sich? Die Analyse erfolgt anschliessend mit einem hochmodernen Gerät.
Antibiotikaresistenzen auf Salat
Von jeder Agar-Platte gibt es am Schluss ein Computerabbild, das Antibiotikaresistenzen anzeigt.

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Letzte Änderung 03.07.2017

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