Andreas Lüscher, Graslandforscher aus Leidenschaft

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Andreas Lüscher vertritt im Organisationskomitee des EGF-Eucarpia-Symposium 2019 EGF und Agroscope.

In der Schweizer Landwirtschaft hat Grasland eine zentrale Bedeutung; der Stellenwert des graslandbasierten Futterbaus ist hierzulande unbestritten. Geforscht und entwickelt wird im Grasland in verschiedenen Fachgebieten: Futterpflanzenzüchtung, -produktion, Graslandmanagement, Biodiversität und Ökophysiologie. «Bei der Wahl des Arbeitsgebietes siegten bei mir die Wiesen; dabei waren die Faszination für diese Ökosysteme wie auch deren vielfältige Funktionen und die grosse Bedeutung entscheidend». Zudem bestehe eine direkte Verbindung zu den Nutztieren und der Nahrungsmittelproduktion. So beschreibt Andreas Lüscher, Jahrgang 1961, wie es kam, dass er seit vielen Jahren in der Futterbau- und Graslandforschung tätig ist. Viele Menschen finden Wiesen etwas Schönes – doch was braucht es sonst noch, um in der Futterbauforschung erfolgreich zu sein? – «Sich für ein Forschungsthema begeistern können. Dazu eine grosse Portion Neugier und auch Ausdauer» sagt, er, der sich selber als Graslandforscher bezeichnet.

Ein Studium in Agronomie, danach eine ökophysiologische Dissertation in Futterbau zum Thema «Überwinterung von Weissklee» bei Prof. Josef Nösberger an der ETH Zürich. Es folgte ein Postdoc bei einem Futterpflanzenzüchter im französischen Montpellier, wo Andreas Lüscher am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) die Ko-Evolution, also die gegenseitige Anpassung von verschiedenen Klee- und Gräser-Ökotypen aus einer Dauerweide erforschte. Zurück in der Schweiz und wieder an der ETH Zürich erforschte er die Auswirkungen erhöhter CO2-Konzentrationen auf Graslandökosysteme und war Dozent für Futterbau. Bis heute pflegt er in der Forschung und Lehre eine enge Zusammenarbeit mit der ETH. 2001 gelangte er an die Eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau FAL – eine Vorgängerinstitution von Agroscope – und übernahm dort die Leitung der Forschungsgruppe Futterbau und Graslandsysteme.

«Die Erfahrungen aus diesen unterschiedlichen Bereichen befruchten sich gegenseitig.»

Gerne erinnert er sich an das Jahr 2009 und sein Sabbatical, das ihn sechs Monate zu Teagasc, der Forschungsanstalt für Landwirtschafts- und Lebensmittelentwicklung Irlands, führte. Und was tat er dort? Forschen in Futterbau – «selbstverständlich» – und sein berufliches Netzwerk erweitern. Ein weiteres berufliches Erlebnis, an das er gerne zurückdenkt, ist ein nationaler Kongress in Island. Er trat als Gast-Referent auf und war beindruckt, wie der Kongress funktionierte: Neben Universitäts-Professorinnen und -Professoren, Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern hätten auch Beratende sowie Bäuerinnen und Bauern teilgenommen. Nach den Fachreferaten hätte man den wissenschaftlichen Expertinnen und Experten Büros zugewiesen, damit Interessierte dort vorbeikommen und in Ruhe mit ihnen diskutieren konnten. «Dieser unkomplizierte und direkte Wissensaustausch zwischen Menschen mit so unterschiedlichem Hintergrund war beeindruckend und hat mir sehr gefallen.»

Von der internationalen Grundlagen-, über spannende anwendungsorientierte Forschung, bis hin zum direkten Transfer der Forschungserkenntnisse an die Bäuerinnen und Bauern – als Forscher national und international auf einer so grossen Bandbreite tätig sein zu können, begeistert und motiviert ihn immer wieder aufs Neue. Andreas Lüscher: «Die Erfahrungen aus diesen unterschiedlichen Bereichen befruchten sich gegenseitig. Deshalb hoffe ich, dass der Stellenwert der systemischen Graslandforschung auch in Zukunft hoch genug sein wird, dass wir das weiterhin befriedigend tun können.»

«Der Anbau von Mischungen sowie die sehr gute Zusammenarbeit von Forschung, Samenhandel, Beratung und bis hin zu den Bäuerinnen und Bauern sind in der Schweiz einmalig und haben starken Vorbildcharakter.»

Andreas Lüscher vertritt im Organisationskomitee des EGF-Eucarpia-Symposium 2019 Agroscope und die European Grasland Federation (EGF). Die jährlichen EGF-Konferenzen bezeichnet er als den wichtigsten europäischen Kongress für landwirtschaftliche Graslandsysteme. Es sei «tiptop», dass EGF und Eucarpia, die beiden europäischen Wissenschaftsorganisationen für Graslandwissenschaften und Futterpflanzenzüchtung, das Symposium 2019 gemeinsam durchführten. Denn: «Eucarpia-Mitglieder züchten die Futterpflanzen, die wir danach auf den Kunstwiesen anbauen. Diese fachliche Verlinkung mehrerer Forschungsgebiete ist wertvoll und wichtig.» Das Symposium biete die Chance interessanter Diskussionen und neuer Zusammenarbeiten über die beiden Fachgebiete hinweg.

Am Symposium ist es ihm denn auch ein persönliches Anliegen, dass die Forschungsgemeinschaft aus ganz Europa neue Möglichkeiten für die Bewirtschaftung von Wiesen und Weiden diskutiert, die sowohl die Produktion hochwertigen Futters als auch die vielfältigen Ökosystemleistungen von Wiesen und Weiden verbessern. An diesen Symposien erhalten die Besucherinnen und Besucher immer auch einen Einblick in die Futterbausysteme und -strategien des entsprechenden Gastgeberlandes. In der Schweiz hat der Anbau von Gras-Klee-Mischungen Tradition; zahlreiche neue Forschungsarbeiten belegen die grossen Vorteile dieses Systems. Andreas Lüscher: «Der Anbau von Mischungen sowie die sehr gute Zusammenarbeit von Forschung, Samenhandel, Beratung und bis hin zu den Bäuerinnen und Bauern sind in der Schweiz einmalig und haben starken Vorbildcharakter.» Eine zentrale Rolle in dieser engen Zusammenarbeit spiele die Fachorganisation und Plattform Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaues (AGFF).