Für die Mostobstproduzenten, insbesondere im Kernobst-Hochstammanbau, stellen die Bakterienkrankheit Feuerbrand und die Pilzkrankheit Marssonina zurzeit die grössten Bedrohungen einer qualitativ hochstehenden Produktion dar. Mostobstsorten, die gegenüber beiden Krankheiten robust sind, leisten einen wertvollen Beitrag zur Sicherung des Rohstoffs. Eine robuste Sorte sollte weiter einen guten Wuchs und regelmässige, hohe Erträge aufweisen sowie verarbeitungstechnologisch interessant sein. Dazu gehören eine gute Pressbarkeit, eine hohe Saftausbeute und gute Qualitätseigenschaften. Im Projekt HERAKLES Plus werden daher einerseits Sorten gesucht, die diese Anforderungen erfüllen, und andererseits wird an nachhaltigen Pflanzenschutzstrategien gegen Marssonina und Feuerbrand geforscht. Das Projekt wird von der CAVO-Stiftung, IP-SUISSE und den Kantonen Aargau, Bern, Luzern, St. Gallen, Thurgau und Zürich finanziert und bei Agroscope in Wädenswil durchgeführt. Für ein nachhaltiges Feuerbrandmanagement haben sich drei Ansätze als wesentlich herausgestellt: robuste Sorten, ein wirksamer Pflanzenschutz und angepasste Kulturmassnahmen. Insbesondere die Pflanzenschutzmittelversuche 2016 haben gezeigt, dass die Behandlungen rechtzeitig und in engen Abständen von zwei bis drei Tagen durchzuführen sind. Das Präparat LMA (Kaliumaluminiumsulfat) zeigte meist vergleichbare Wirkungsgrade wie Strategien mit dem für den integrierten und biologischen Anbau zugelassenen antagonistischen Hefepräparat BlossomProtect™. Beim Vergleich der Pflanzenschutzmittel auf einer robusten Sorte Ladina zeigten sich geringere Befalls- und höhere Wirkungsgrade als bei einer anfälligen Sorte Gala. Im Projekt HERAKLES Plus wurden daher Apfel- und Birnensorten im Triebtest im Gewächshaus sowie im Freiland mit Blüteninokulation auf ihre Feuerbrandanfälligkeit geprüft. Inzwischen wurden elf Apfelsorten insgesamt „sehr niedrig“ anfällig getestet. Die Feuerbrandtests lieferten die Datengrundlage für die Aktualisierung des Agroscope Merkblatts Nr. 732 «Feuerbrandanfälligkeit von Kernobstsorten». Feuerbrandrobuste Sorten können bei starkem Feuerbranddruck auch befallen werden, der Befall schreitet jedoch langsamer voran. Eine Sanierung durch Entfernen befallener Pflanzenteile ist daher bei robusten Sorten erfolgversprechender. Ob eine Pflanzung mit robusten Sorten auch im Befallsgebiet langfristig erfolgreich sein kann, wurde anhand von zwei ausgewählten Hochstammanlagen mit robusten Sorten im Kanton St. Gallen untersucht. Obwohl die Bäume seit der Pflanzung im Jahr 2004 resp. 2007 symptomfrei sind, wurden immer wieder Feuerbrandbakterien in den Jungtrieben nachgewiesen. Robuste Sorten sind demnach keine Garantie für eine feuerbrandfreie Anlage. Sie bilden jedoch die entscheidende Grundlage, um den Feuerbrand in Kombination mit einer angepassten Pflanzenschutzstrategie und einer konsequenten Sanierung weitgehend in Schach zu halten. Der ursprünglich aus Asien stammende Pilz Marssonina coronaria wurde in der Schweiz erstmals 2010 nachgewiesen und breitet sich seitdem vor allem in Apfel-Hochstammbeständen und Bioapfelanlagen aus. Bei starkem Befall kann ein Baum noch vor der Ernte vollständig entblättert werden. Im Projekt HERAKLES Plus wurden 46 Sorten mit künstlicher Inokulation im Gewächshaus auf ihre Marssoninaanfälligkeit getestet. Einige traditionelle Mostobstsorten, wie Bohnapfel, Grauer Hordapfel und Schneiderapfel, wiesen im Gewächshaustest eine geringere Anfälligkeit als die anfällige Referenzsorte Topaz auf. Die 2017 durchgeführte Produzenten-Umfrage bestätigt die ersten Erkenntnisse aus den Gewächshaustests in grossen Teilen. Die zwei Praxisparzellen mit den Top-Sorten aus dem Vorgängerprojekt HERAKLES zur Prüfung der Sortenanfälligkeit im Feld wiesen bisher leider keinen Marssonina-Befall auf. In drei Praxis-Hochstammparzellen wurden jährlich ein bis zwei Pflanzenschutzmittelversuche durchgeführt. Zusätzlich wurden 2018 zwei Versuche zur Ermittlung des optimalen Applikationszeitpunktes in zwei Niederstammparzellen bei Agroscope in Wädenswil durchgeführt. Bisher zeigte sich, dass einige der auch für die Schorfbekämpfung zugelassenen Fungizide ebenfalls gegen Marssonina eine gute Wirkung haben. Ein ausreichender Bekämpfungserfolg im Feld wurde bisher jedoch nur mit durchgehenden Fungizidapplikationen im Abstand von zwei bis drei Wochen bis ca. Anfang August erreicht. Für die Beurteilung der technologischen Sorteneigenschaften wurden jährlich Pressversuche durchgeführt. Erstmals wurden 2018 die drei Sorten Empire, Opal und Florina im grösseren Massstab von 5-10 t gepresst. Durch diese Projektarbeit konnte die Agroscope Broschüre «Beschreibung wertvoller Mostapfelsorten» überarbeitet und um vier neue Sortenblätter ergänzt werden.