Da die Schweizer Landwirtschaft gegen mehrere wichtige landwirtschaftliche Einzugsgebiete offen im Herzen Europas liegt, ist sie auch exponiert gegenüber - teilweise schweren - viralen und bakteriellen Pflanzenkrankheiten und Phytoplasmosen. Aufgrund der Globalisierung des Handels mit Pflanzmaterial und Saatgut und durch die Einführung neuer Sorten nehmen diese Krankheiten ständig zu. Ausserdem werden auch die prognostizierten und bereits eingetroffenen Klimaveränderungen das Auftreten neuer Krankheiten und ihrer Vektoren, die unsere Regionen bisher verschonten, zweifellos begünstigen. Die Schweiz muss sich an den Bemühungen Europas im Bereich des Pflanzenschutzes beteiligen. Diese Bestrebungen sind für Pflanzenzüchter und Landwirte äusserst wichtig.
Arten, die vegetativ vermehrt werden (Reben, Obstbäume, Beeren, Kartoffeln), sind von von der hohen Persistenz der Krankheiten besonders stark betroffen. Viele Akzessionen der bei Agroscope unterhaltenen Sammlungen von Material erkrankter Reben, Obstbäume und Beeren sind in Europa einzigartig. Die Sammlungen sind von zentraler Bedeutung, da sich die Viren und Phytoplasmen nicht in künstlichen Medien kultivieren lassen und das Krankheitsbild stark durch das Klima beeinflusst wird. Neben der Bakteriensammlung in Changins stellen sie eine wichtige Referenz für unsere Arbeit dar, insbesondere im Hinblick auf die Ätiologie der Krankheiten. Die viralen und bakteriellen Krankheiten und Phytoplasmosen lassen sich nicht heilen. Das einzige verfügbare Mittel ist die Prävention durch die sorgfältige Auslese des Pflanzguts (Zertifizierung von Pflanz- und Saatgut), durch die Prüfung auf Infektionen mit Viren, Bakterien oder Phytoplasmen (Erstellung eines Pflanzenpasses) und durch die Bekämpfung der Vektoren dieser Krankheiten.
Aus diesem Grund ist es wichtig, die diagnostischen Verfahren regelmässig anzupassen und unser Verständnis über Viren, Bakterien und Phytoplasmen ständig zu vertiefen, damit wir entstehende Probleme voraussehen können. Ebenso ist es absolut entscheidend, unser Wissen über virale und bakterielle Krankheiten und Phytoplasmosen (Ätiologie und Epidemiologie) bei allen Kulturen ebenso wie unsere anerkannten und geschätzten Kompetenzen bei der Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe über mögliche Bekämpfungsmassnahmen zu erhalten und zu vertiefen.
Für die landwirtschaftliche Produktion und unterstützende Einrichtungen (erforderliche Kontrollen für die Ausstellung des Pflanzenpasses; Zertifizierung von schweizerischem und eingeführtem Pflanz- und Saatgut; Pflanzenschutz bei Quarantänekrankheiten und Krankheiten mit Qualitätseinbussen) ist ein sehr bedeutendes und stetig wachsendes Volumen von Analysen notwendig, das nur ein spezialisiertes und anerkanntes Laboratorium bewältigen kann. Diese Aufgabe kommt der Gruppe Virologie und Phytoplasmologie zu. Diese ist das nationale Kompetenzzentrum für virale und bakterielle Krankheiten sowie für Phytoplasmosen in der Schweiz. Unser Kompetenzzentrum beteiligt sich auch an der Sicherstellung eines effizienten und nachhaltigen Pflanzenbaus. Die im Rahmen dieses Projekts durchgeführten (gesetzlichen) Vollzugsaufgaben, insbesondere im Zusammenhang mit Quarantäneorganismen und der Zertifizierung, beruhen auf der Freisetzungsverordnung (SR 814.911), der Pflanzenschutzverordnung (SR 916.20), der Saat- und Pflanzgutverordnung des WBF (SR 916.151.1), der Obst- und Beerenobstpflanzgutverordnung des WBF (SR 916.151.2) und der Rebenpflanzgutverordnung des WBF (SR 916.151.3).