Die Mutterkuhhaltung hat sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend in der Schweiz verbreitet und ist weiter im Trend. Vermehrt stellen sich Fragen zur Wirtschaftlichkeit dieses Produktionszweiges und damit auch zu optimierten und standortangepassten Produktionsstrategien. Eine Stichprobe von 42 professionellen Mutterkuhbetrieben aus verschiedenen Regionen wurde auf Basis von detaillierten wirtschaftlichen und produktionstechnischen Daten umfassend analysiert. Über einen Standardisierungsprozess wurden betriebsspezifische Besonderheiten korrigiert, um die Allgemeingültigkeit der Aussagen zu verbessern. Die Betriebe liessen sich nach Region und Produktionsausrichtung gruppieren, womit fünf Produktionssysteme als Modellbetriebe miteinander verglichen werden konnten: Ein intensives Natura-Veal-System mit Ammenkuhhaltung (NV_int, Hügelregion), ein extensives Natura-Veal-System und ein Natura-Beef-System in der Bergregion (NV_ext, NB_Berg), ein Natura-Beef-System und ein Ausmast-Beef-System in der Talregion (NB_Tal, AB_Tal). Die Ergebnisse gründen auf Vollkostenrechnungen (Buchhaltungsjahre 2018–2019), Schlachtkörperauswertungen (2019) und Interviews (2021) zur Erhebung von Arbeitszeiten und Produktionstechniken. Die wirtschaftlichen Ergebnisse auf den Tal- und Bergbetrieben zeigten signifikante Unterschiede. Auf den Talbetrieben lag die Produktivität erwartungsgemäss deutlich höher, was im Durchschnitt zu 20 % höheren Deckungsbei-trägen je Kuh führte. Auf den Bergbetrieben stellt die Mutterkuhhaltung einen Haupterwerb dar. Es dominierten die gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Insbesondere Produktion und Landschaftspflege unter erschwerten Bedingungen, wodurch deutlich höhere Direktzahlungen generiert wurden. So erreichten die Bergbetriebe im Durchschnitt mehr als doppelt so hohe Einkommen je Hauptfutterfläche und mit rund Fr. 20.− je Arbeitsstunde gut 50 % höhere Arbeitsverwertungen als die Talbetriebe. Dabei wendeten sie aber pro Kuh auch gut ein Drittel mehr Arbeit auf. Betriebe mit hohen Arbeitsverwertungen zeichneten sich aus durch einen grösseren Flächenumfang (Tal und Berg signifikant), höhere Direktzahlungen (Tal signifikant), tiefere Maschinenkosten (Tal signifikant), tiefere Arbeitskosten (Berg signifikant) und eine höhere Arbeitsproduktivität (Berg signifikant). Der Vergleich zwischen den fünf Produktionssystemen bestätigte den grossen Einfluss des Standortes bzw. der Direktzahlungen, wobei sich ein unterschiedlich grosses Optimierungspotential ergab. Optimierungsrechnungen fokussierten auf eine konsequente Strategie innerhalb der jeweiligen Produktionssysteme im Sinne einer standortangepassten, autarken Produktion unter Ausnutzung der lokalen Futterressourcen. In guten Futterbaulagen steigert eine Erhöhung der Anzahl Verkaufstiere je Mutterkuh deren Effizienz. Bei konstanter Fläche kann eine solche Intensivierungsstrategie die Wirtschaftlichkeit teilweise deutlich verbessern (NV_int Steigerung auf 2.3 Kälber je Kuh: Einkommen und Arbeitsverwertung je +27 %; Umstellung von NB_Tal auf NV_int mit 2 Kälbern je Kuh: Einkommen +206 %, Arbeitsverwertung +87 %; AB_Tal Steigerung von 0.84 auf 0.95 Kälbern je Kuh: Einkommen +14 %, Arbeitsverwertung +20 %; AB_Tal mit zusätzlichen Mastremonten: Einkommen +8 %, Arbeitsverwertung +6 %). Eine längere Mastdauer (AB_Tal) führt in der Talregion im Vergleich zu Natura-Beef zu tendenziell besseren Ergebnissen. Inwiefern eine solche Intensivierung – unter anderem in Hinblick auf Nährstoffkreisläufe – umweltverträglich ist, wurde nicht untersucht. Bei guten Produktionsalternativen im Gesamtbetrieb macht in der Talregion auch eine Low-Cost-Strategie mit tiefen Maschinenkosten und hoher Arbeitsproduktivität Sinn, wobei die Mutterkuhhaltung dann die Stellung eines wirtschaftlich zwar wenig relevanten, doch unverzichtbaren Nebenbetriebszweiges hat. In Berglagen hat eine Optimierung der Produktionstechnik aufgrund des hohen Direktzahlungsanteils nur wenig Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit. Natura-Beef und Natura-Veal sind in der Bergregion wirtschaftlich gleichauf. Eine standortangepasste Produktion führt jedoch auch hier zu besseren Ergebnissen. Im Vordergrund steht eine angepasste Genetik (NV_ext Reduktion Kuhgewicht: Einkommen +16 %, Arbeitsverwertung konstant), wobei auch ein vermehrter Einsatz von Stieren mit besserer Fettabdeckung die Ergebnisse weiter verbessern dürften.
Wirtschaftlich optimale Produktionssysteme in der Mutterkuhhaltung: Eine ökonomische Analyse basierend auf 42 Mutterkuhbetrieben im Tal- und Berggebiet.
Agroscope Science, 138, 2022.
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ISSN Online: 2296-729X
Digital Object Identifier (DOI): https://doi.org/10.34776/as138g
ID pubblicazione (Codice web): 49721 Inviare via e-mail
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