Minimalnutzungsverfahren zur Offenhaltung der Kulturlandschaft
Die Landwirtschaft ist seit gut 60 Jahren nicht mehr in der Lage, die flächendeckende Offenhaltung der Kulturlandschaft zu gewährleisten. Der Trend der Flächenaufgabe und Wiederbewaldung wird sich mit Blick auf den fortschreitenden Strukturwandel in der Berglandwirtschaft in Zukunft fortsetzen, trotz weitreichender agrarpolitischer Massnahmen zur Förderung der Flächennutzung. Der Brachfall von Grenzertragsflächen im Berggebiet tangiert verschiedene, von der Gesellschaft anerkannte agrar- und umweltpolitische Ziele. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Offenhaltung der Kulturlandschaft in Zukunft gewährleistet werden kann. Im Synthesebericht des Forschungsprogramms AgriMontana werden verschiedene Minimalnutzungsverfahren zur Offenhaltung der Kulturlandschaft im Kontext Biodiversität, Naturgefahren, Landschaftsvielfalt und -struktur sowie Verfahrenskosten beurteilt.
Was wäre, wenn Bio im Berggebiet flächendeckend wäre?
Der Biolandbau hat im Berggebiet je nach Region bereits eine sehr grosse Bedeutung. Eine vollständige Umstellung auf Bio könnte für einige Regionen im Berggebiet durchaus eine Chance sein, speziell in Kombination mit einer regionalen Verarbeitung und Vermarktung, weil diese den Landwirtschaftsbetrieben höhere Preise für ihre biologisch produzierten Rohstoffe ermöglicht.
Eine im Auftrag des Amts für Strukturverbesserungen des Kantons Wallis in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und dem Amt für Landwirtschaft und Geoinformation des Kantons Graubünden (ALG) ermöglichte Auslegeordnung zur Wiesenbewässerung im Berggebiet zeigt, dass der Wissensstand stark vom betrachteten Teilaspekt sowie von der Betrachtungsebene abhängt und gleichzeitig wichtige Wissenslücken bestehen.
Obwohl sich verschiedene Forschungsprojekte in der Vergangenheit mit Aspekten der Wiesenbewässerung befasst haben, bestehen zur Bedeutung der Wiesenbewässerung für die strukturelle und wirtschaftliche Entwicklung und Situation der Berglandwirtschaftsbetriebe sowie zum Einfluss der Bewässerung auf die Entwicklung der Flächennutzung und der Biodiversität zwei zentrale Wissenslücken. Diese Lücken sind mit Blick auf den in Zukunft steigenden Bedarf an Bewässerungsinfrastruktur zu schliessen idenfiziert Wissenslücken zu den Auswirkungen der Wiesenbewässerung auf die Flächennutzung und die Ökosystemleistungen.
Einkommenssituation der Kälbermast- und Rindviehaufzuchtbetriebe
Die spezialisierten Kälbermast- und Aufzuchtbetriebe in der Bergregion weisen trotz hoher Direktzahlungen sehr tiefe Einkommen und Arbeitsverdienste aus. Die Betriebe müssen Investitionen oder den Privatverbrauch zu einem bedeutenden Teil über ausserbetriebliche Einkommen finanzieren. Für die Kälbermastbetriebe zeigt eine Betriebszweigauswertung, dass die Betriebe in der Kälbermast negative Deckungsbeiträge aufweisen und damit die Direktkosten der Mast nicht decken können. Dagegen erzielen Verkehrsmilchbetriebe, die ebenfalls Kälber mästen, leicht positive Deckungsbeiträge.
Bericht "Auswirkungen der AP 14-17 auf Berglandwirtschaft"
Im Rahmen von AgriMontana wurden die für den gesamten Landwirtschaftssektor vorliegenden Modellrechnungen zu den Auswirkungen der AP 14−17 für die drei Bergzonen II bis IV detailliert ausgewertet und in einem Bericht dokumentiert.
Um den Einsatz und die damit verbundenen Risiken von Pflanzenschutzmitteln (PSM) im Gemüsebau zu reduzieren und gleichzeitig Gemüse von hoher Qualität zu produzieren, werden geeignete alternative Pflanzenschutzmassnahmen benötigt. Mit einem Punktesystem, analog zum bereits etablierten Biodiversitäts-Punktesystem von IP-SUISSE, könnten Anreize geschaffen werden, den Einsatz und die Umweltrisiken von PSM zu reduzieren und vermehrt vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen umzusetzen. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurden im Austausch mit IP-SUISSE die wissenschaftlichen Grundlagen für ein solches Punktesystem geschaffen, welches künftig beispielsweise im IP-SUISSE Gemüseanbau angewendet werden könnte. Das Punktesystem berücksichtigt die drei Bereiche i) vorbeugender und nicht-chemischer Pflanzenschutz, ii) Umweltrisiken von PSM und iii) Risikominderungsmassnahmen beim Einsatz von PSM. Gegen wichtige Krankheiten, Schadinsekten und Unkräuter wurden vorbeugende und nicht-chemische Pflanzenschutzmassnahmen zusammengetragen. Dazu gehören zum Beispiel Massnahmen betreffend Fruchtfolge, Anbautechnik, Feldhygiene oder mechanische Unkrautbekämpfung. Diese Massnahmen haben zum Ziel, den Einsatz von PSM zu reduzieren. Einige dieser Massnahmen sind für alle Gemüsekulturen geeignet, andere hingegen nur für einzelne Kulturen. Schliesslich wurden 29 Massnahmen für 13 Gemüsekulturen von Fachpersonen aus Produktion, Beratung und Forschung beurteilt und je nach ihrer Wirksamkeit mit einer Punktzahl von eins bis acht versehen. Dabei gilt, je höher die Punktezahl, desto besser die Wirksamkeit. Zudem wurden für schwierig umsetzbare Massnahmen bis zu zwei Zusatzpunkte vergeben. Um die Umweltrisiken von PSM zu bewerten, wurden basierend auf Risikoscores Negativpunkte für Wirkstoffe berechnet. Berücksichtigt wurden dabei das potenzielle Risiko für Lebewesen in Oberflächengewässern, in naturnahen Lebensräumen und das Belastungspotenzial des Grundwassers. Für jeden dieser drei Bereiche wurde der Wirkstoff mit den höchsten Risiken mit 10 Negativpunkten bewertet, die anderen Wirkstoffe entsprechend mit weniger Punkten. Anschliessend wurden für jeden Wirkstoff die Negativpunkte der drei Bereiche zu einer Punktzahl addiert. Zudem wurde ein minimaler Wert von 0,5 Negativpunkten pro Wirkstoff festgelegt, damit nicht nur der Verzicht auf Wirkstoffe mit höheren Umweltrisiken, sondern auch eine allgemeine Reduktion der PSM-Anwendungen bewertet wird. Ebenfalls wurden mögliche Massnahmen zur Risikominderung bei der Anwendung von PSM im Gemüsebau zusammengestellt, um das Risiko von PSM zu reduzieren, wenn auf eine Anwendung nicht verzichtet werden kann. Dazu gehören zum Beispiel Massnahmen gegen Drift und Run-off. Es wurden allgemeingültige sowie parzellenspezifische Massnahmen definiert. Für die Umsetzung von Massnahmen, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen, wurden 0,5 bis 3 Punkte vergeben. Die Punktevergabe erfolgte analog zu den Punkten, die in den Weisungen des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) für Massnahmen zur Reduktion der Risiken bei der Anwendung von PSM festgelegt wurden. Auch im Bereich der Risikominderung bedeutet eine höhere Punktzahl eine bessere Wirksamkeit. Ebenfalls wurden hier für Massnahmen, die im Gemüsebau besonders schwierig umzusetzen sind, bis zu zwei zusätzliche Punkte vergeben. Mit Hilfe einer Betriebsumfrage wurde ermittelt, wie viele Punkte für vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen und wie viele Negativpunkte für PSM die Gemüseproduzenten der IP-SUISSE aktuell erhalten würden. Die Risikominderungsmassnahmen wurden in der Umfrage nicht ermittelt, da sie erst zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt wurden. Insgesamt beteiligten sich 22 IP-SUISSE Gemüsebaubetriebe an der Umfrage, welche Ende 2020 bis Mitte 2021 durchgeführt wurde. Hierbei waren grosse Unterschiede zwischen den Betrieben, aber vor allem auch zwischen verschiedenen Gemüsekulturen ersichtlich. Insgesamt zeigte sich, dass die befragten IP-SUISSE Gemüsebetriebe schon verschiedene vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen umsetzen, es jedoch noch Potenzial gibt, die Umsetzung solcher Massnahmen mit einem Punktesystem gezielt zu fördern. Die Risiken von PSM waren für Karotten, Zwiebeln, Sellerie und Kohl generell höher als bei den anderen Kulturen. Auf Parzellen, auf denen wiederholt Insektizide der Gruppe der Pyrethroide eingesetzt wurden, waren die Risiken deutlich erhöht. Bei Betrieben, welche bereits viele vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen umsetzten, wurde nicht zwingend Punktesystem für den Pflanzenschutz im Gemüsebau ein geringerer Einsatz und ein tieferes Risiko von PSM beobachtet. Auch hier besteht somit Potenzial, um mit einem Punktesystem die Risiken gezielt zu senken. Um in allen drei Massnahmenbereichen Verbesserungen zu erreichen, sollte jeweils eine separate Mindestpunktzahl für vorbeugende/nicht-chemische Pflanzenschutzmassnahmen und für Risikominderung, respektive eine Maximalpunktzahl für Umweltrisiken festgelegt werden, die nicht überschritten werden soll. Für die Umsetzung eines solchen Punktesystems im Rahmen eines Label-Programms wird ein schrittweises Vorgehen empfohlen. Zuerst sollten alle bereits angewandten Massnahmen erfasst werden, um den Status quo des Pflanzenschutzes der Gemüsebaubetriebe festzulegen. Anschliessend können daraus Punktegrenzen festgelegt werden, welche im Laufe der Zeit angepasst werden können. Pflanzenschutz im Gemüsebau ist sehr komplex. Mit dem hier entwickelten Punktesystem haben Betriebe die Möglichkeit, solche Massnahmen umzusetzen, die zu ihrem Betrieb passen. Sowohl die Umsetzung als auch die Aufzeichnung und Kontrolle sämtlicher Massnahmen erfordern aber einen zusätzlichen zeitlichen und administrativen Aufwand. Damit sich dieser Mehraufwand lohnt und sich genügend Betriebe am Punktesystem beteiligen, sollten die Teilnahmebedingungen an einem Label-Programm (z.B. via Marktzugang, Preisprämie) genug attraktiv sein. Vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen bieten nicht immer die gleiche Wirksamkeit wie chemische Massnahmen. Damit eine starke Reduzierung des PSM-Einsatzes und den damit verbundenen Risiken erreicht werden kann, wäre auch ein Prozess wünschenswert, bei dem die Qualitätsansprüche des Handels und der Konsumentinnen und Konsumenten überdacht und angepasst werden.
Vollkostenrechnung für die Milchproduktion in der Bergregion
Eine Buchhaltungsauswertung für 48 Milchbetriebe in der Bergregion zeigt, dass die Selbstkosten pro Kilogramm Milch im Durchschnitt Fr. 2.23 betragen. Bei einem für die Berechnungen unterstellten Stundenlohn von Fr. 28.- entfallen 62% der Kosten auf die Arbeit. Die Maschinen- und Gebäudekosten machen zusammen 20% der Kosten aus.
Früher stand der Schutz des Waldes fast immer an vorderster Stelle. Heute kommt der Offenhaltung von Kulturflächen und damit auch der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung vermehrt Bedeutung zu. Der Artikel in der Zeitschrift "die grüne" geht der Frage nach, ob die Offenhaltung sinnvoll ist und auf welche Weise sie sich kostendeckend realisieren lässt.
Die Nutzung der Flächen in der Berglandwirtschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert: Einerseits wurden laufend Flächen aufgegeben, andererseits werden produktive Standorte intensiv genutzt oder noch intensiviert. Beide Prozesse gefährden das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung und die multifunktionalen Leistungen der Landwirtschaft.
An der Tagung „Berglandwirtschaft: Minimalnutzung als Teil der Multifunktionaliät" wurden grundsätzliche Fragen zur zukünftigen Flächennutzung der Berglandwirtschaft thematisiert: Wie viel landwirtschaftliche Nutzfläche und vor allem welche Teile sollen in Zukunft noch genutzt werden? Auf welche Weise soll diese Nutzung erfolgen? Welche Nutzungssysteme sichern die multifunktionalen Leistungen der Berglandwirtschaft? Welche Kosten verursachen Verfahren zur Offenhaltung von Flächen? Mit welchen Instrumenten kann die Flächennutzung gesteuert werden?