Pflanzenschutzmittel (PSM) werden in der Landwirtschaft zum Schutz von Kulturpflanzen und deren Erzeugnissen verwendet, aber auch im Forst oder für die Pflege öffentlicher oder privater Grünanlagen, sowie für den Unterhalt der Bahn- und Strasseninfrastruktur. PSM werden v.a. in der Landwirtschaft grossflächig angewendet, bleiben aber nicht ausschliesslich innerhalb der behandelten Fläche, sondern können über verschiedene Eintragspfade in andere Umweltkompartimente gelangen und dort unerwünschte Einflüsse auf Lebewesen oder die Qualität des Grund- und Trinkwassers haben. Um den potentiellen Umweltauswirkungen des chemischen Pflanzenschutzes entgegenzuwirken, wurde 2017 vom Bundesrat der «Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln» verabschiedet. Aufgrund der Parlamentarischen Initiative 19.475 «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» wurde das «Bundesgesetz über die Verminderung der Risiken durch den Einsatz von Pestiziden» 2021 vom Parlament beschlossen, welches am 1.1.2023 in Kraft getreten ist. Es besagt, dass die Risiken für die Organismen der Oberflächengewässer und naturnahen Lebensräume sowie für das Grundwasser bis 2027 im Vergleich zum Mittelwert der Jahre 2012-2015 (also vor Inkrafttreten des Aktionsplans) um 50 % vermindert werden müssen. Sind die Risiken weiterhin nicht annehmbar, so kann der Bundesrat den ab 2027 geltenden Absenkpfad festlegen. Um die Zielerreichung zu evaluieren, sollen Risikoindikatoren berechnet werden. Im Auftrag des BLW hat Agroscope daher Risikoindikatoren für Oberflächengewässer, naturnahe Lebensräume und Grundwasser entwickelt. Diese Indikatoren basieren auf Daten zu den jährlich in der Schweiz verkauften Wirkstoffmengen. Berücksichtigt werden einerseits die umweltchemischen und ökotoxikologischen Eigenschaften der Wirkstoffe und andererseits die Wirkungen von Risikominderungsmassnahmen. Solche Risikominderungsmassnahmen können entweder spezifisch für die Anwendung von einzelnen PSM-Produkten vorgeschrieben oder allgemein für die ganze landwirtschaftliche Produktion verpflichtend sein. Produktspezifische Risikominderungsmassnahmen werden im Rahmen der Zulassung von PSM dann verfügt, wenn unannehmbare Risiken auf Menschen, Tiere und/oder Umwelt nicht ausgeschlossen werden können. Solche Produkte werden nur dann zugelassen, wenn diese Risiken mit geeigneten Risikominderungsmassnahmen ausreichend reduziert werden können. Seit 2011 werden solche Auflagen im Rahmen der «Gezielten Überprüfung», d.h. der Neubeurteilung der Risiken von PSM auf Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, erlassen. Neben den produktspezifischen Auflagen bestehen weitere Vorgaben für alle landwirtschaftlichen Betriebe, wie Massnahmen zur Sanierung von Wasch- und Befüllplätzen für Spritzgeräte. Für direktzahlungsberechtigte Betriebe bestehen weitergehende Richtlinien im Rahmen des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN), wie das Anlegen eines 6 Meter breiten Gras- oder Krautstreifens entlang von Oberflächengewässern (Pufferstreifen). Zudem sind im ÖLN seit 2023 neue Massnahmen zur Reduktion von Drift und Abschwemmung erforderlich. Um die Effekte solcher Risikominderungsmassnahmen im zeitlichen Verlauf von nationalen Risikoindikatoren abzubilden, wurden sowohl die Wirksamkeit der Massnahmen als auch deren Umsetzungsgrad berücksichtigt, d.h. in welchem Masse die Auflagen auch tatsächlich angewendet werden. Diese Umsetzungsgrade wurden in einer vom BLW beauftragten Studie von Agridea hergeleitet. Darin wurde der jeweilige Umsetzungsgrad von Risikoreduktionsmassnahmen gegen Drift und Abschwemmung, die Umsetzung von Gras- oder Krautstreifen im ÖLN sowie der Umsetzungsgrad der Errichtung von konformen Befüll- und Waschplätzen für die beiden Zeiträume von 2012-2015 und 2021 mittels einer Delphi-Umfrage durch Fachexperten und -expertinnen geschätzt. Mit den vorliegenden Daten wurden die Risikoindikatoren für Oberflächengewässer, naturnahe Lebensräume und Grundwasser für den Zeitraum 2012 – 2021 berechnet und erstmals durch das BLW publiziert. Der hier vorliegende Bericht erläutert, wie diese Indikatorwerte berechnet wurden, wie Massnahmen zur Reduktion von PSM-Einträgen in Oberflächengewässer berücksichtigt wurden und welchen Einfluss einzelne Parameter sowie die risikomindernden Massnahmen auf die Indikatorwerte haben. Zusätzlich wurden die Ergebnisse der Indikatorberechnungen mit Daten aus nationalen Monitoringprogrammen verglichen.