Die Schweizer Düngungsempfehlungen haben sich auf beeindruckende Weise entwickelt: von einer einfachen Anwendungstafel von 1938 bis zu den umfassenden Empfehlungen für alle Kulturen, den Grundlagen der Düngung GRUD, im 2017. Mit der Digitalisierung eröffnen sich neue Anforderungen und Chancen.
Ziel der Grundlagen der Düngung GRUD ist es, den Praxisbetrieben Empfehlungen für eine optimale Versorgung der Kulturen mit Nährstoffen zu liefern. Sie sollen ihnen ermöglichen, qualitativ hochstehende Lebensmittel zu produzieren und gute Erträge zu erzielen. Gleichzeitig gilt es, die Nährstoffverluste so gering wie möglich zu halten, weil diese die Umwelt belasten können.
Stärken und Schwächen der GRUD
Die Empfehlungen in der GRUD basieren auf soliden, wissenschaftlichen Erkenntnissen und sind parzellen- oder standortbezogen. Eine standortangepasste Düngebedarfsmessung optimiert beispielsweise die Nutzungseffizienz der Nährstoffe im Boden und in den Düngern. Weiter zeigen die GRUD auf, wie der Düngebedarf unter Berücksichtigung vom Ertragspotenzial des Standorts, von Boden und Wetterverhältnissen, von angebauten Kulturen und von Bewirtschaftungsfaktoren berechnet werden kann.
Eine Schwachstelle der GRUD ist, dass sie Durchschnittswerte beinhalten, die für die ganze Schweiz gelten. Weiter besteht ein Bedarf bei einzelnen Kulturen, flexiblere Ertragswerte zu berücksichtigen. Diese Schwächen werden vor allem von Betrieben kritisiert, die auf Bestleistungen beim Ertrag und nicht auf durchschnittliche Produktion setzen. Die GRUD bilden auch die Grundlage für die Suisse-Bilanz, einem Vollzugsinstrument der Direktzahlungsverordnung, mit der eine ausgeglichene Nährstoffbilanz von Landwirtschaftsbetrieben gewährleistet werden soll. Die Suisse-Bilanz berücksichtigt heute allerdings nur einen Teil der Grundlagen bzw. Standortfaktoren für die Düngebedarfsbemessung. Dadurch kann die Suisse-Bilanz nicht für die Düngungsplanung eines Betriebes eingesetzt werden.
Im Spannungsfeld von Betrieben, Vollzug und Politik
Mit dem vom Bundesrat beschlossenen Absenkpfad Nährstoffe ist seit 2024 die 10-%-Toleranzgrenze der Suisse-Bilanz abgeschafft worden. Dadurch verloren die Betriebe einen gewissen Spielraum. Die Erwartungen, dass die GRUD aktualisiert und flexibler ausgestaltet werden, sind daher hoch. Die Landwirtschaftsbranche erwartet Werte, die sich betriebsspezifisch anpassen lassen, um ihre Düngung mit Hof- und Handelsdüngern optimieren zu können. Die Werte der GRUD rücken somit in das Spannungsfeld von Praxis, Vollzug und Politik. Es braucht eine kritische Auseinandersetzung mit den Schwächen der GRUD und deren Umsetzung in der Suisse-Bilanz. Die heutige Nutzung ist an das vorhandene Wissen zur Düngungsbedarfsbemessung anzunähern und entsprechend weiterzuentwickeln. Dafür bietet auch die Digitalisierung neue Optionen, für Forschung, Praxis, Vollzug und Politik.