Das Wissen und Können ist vorhanden, um sichere und qualitativ hochwertige Rohmilchprodukte herzustellen. Wie dies gelingen kann, zeigt eine neue Agroscope-Publikation. Sie fasst die wichtigsten Erkenntnisse der letztjährigen Konferenz von FACEnetwork zusammen, dem Netzwerk der bäuerlichen und handwerklichen Herstellerinnen und Hersteller von Käse und Molkereiprodukten in Europa.
Im Oktober 2023 fand das 3-tägige Jahresmeeting von FACEnetwork, dem Netzwerk der bäuerlichen und handwerklichen Herstellerinnen und Hersteller von Käse und Molkereiprodukten in Europa, zum Thema Rohmilchprodukte statt. Gastgeberin war das Kompetenzzentrum für Rohmilchprodukte, das 2021 von Agroscope und dem Kanton Freiburg in enger Zusammenarbeit mit der schweizerischen Milch- und Käsebranche gegründet worden war.
Nun gibt eine Agroscope-Publikation einen Überblick über alle Vorträge und Poster und fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Konferenz zusammen. Folgende Themen werden vertieft beleuchtet:
- Die Sicherheit von Rohmilchkäse sollte mit wissenschaftlich fundierten Kriterien geprüft werden. Ein Beispiel ist die Ausmerzung von Staphylococcus aureus GTB in Kuhherden. Agroscope hat eine Routinemethode zum Nachweis von GTB und einen Plan für die Sanierung infizierter Kuhherden entwickelt, die sich in der Praxis bewährt haben.
- Die Herstellung von Rohmilchprodukten aus graslandbasierter Milch ist ein nachhaltiger Weg, um für Menschen nicht verwertbare Biomasse in hochwertige Lebensmittel umzuwandeln. Diese Umwandlung ist für die weltweite Ernährungssicherheit unerlässlich.
- Es gibt immer mehr Studien, die einen anti-allergenen Effekt von Rohmilch und Rohmilchprodukten belegen. Der Allergieschutz beruht einerseits auf der Versorgung der Immunzellen mit Mikronährstoffen durch Molkenproteine über die Lymphe. Andererseits wirken sich auch die meisten Mikroorganismen in Rohmilchprodukten positiv auf das menschliche Immunsystem aus. Diese positiven Wirkungen sind bei allen Stakeholdern zu wenig bekannt und müssen aktiver kommuniziert werden.
- Hohe und einseitige Anforderungen an die Qualität der Rohmilch haben zu einer unerwünschten Verarmung der mikrobiellen Biodiversität in der Rohmilch und den Rohmilchprodukten geführt. Es braucht neue Wege, um diesen Trend zu stoppen und umzukehren.
Die wissenschaftliche Konferenz und das Rahmenprogramm mit Besichtigungen in verschiedenen Käsereien zeigten, dass in der Schweiz viel Wissen und Können vorhanden ist, um sichere und qualitativ hochwertige Rohmilchprodukte herzustellen. Diese Kompetenzen stossen international auf grosse Beachtung. Das wissenschaftliche Programmkomitee kommt zum Schluss, dass dieses Knowhow mit Bedacht gepflegt und laufend erweitert werden sollte. Am besten könne dies gelingen, wenn junge Leute aus der Praxis und der Wissenschaft für Rohmilchprodukte begeistert und in deren Herstellung bzw. Erforschung gefördert und unterstützt würden.
FACEnetwork
Der Verband FACEnetwork wurde 2013 mit dem Ziel gegründet, die Interessen der bäuerlichen und handwerklichen Herstellerinnen und Hersteller von Käse und Molkereiprodukten auf nationaler und europäischer Ebene zu vertreten und zu verteidigen. FACE steht für «Farmhouse and Artisan Cheese & Dairy Producers European Network» (Europäisches Netzwerk der bäuerlichen und handwerklichen Käse- und Molkereiprodukte-Hersteller). Heute sind 15 europäische Länder im FACEnetwork vertreten. Dazu gesellen sich Technik- und Forschungszentren, Verbände, Laboratorien und Gesundheitsbehörden als unterstützende Mitglieder.